Platte der Woche KW 41/2020
Wie bereits mehrfach gesagt: In Österreich befindet sich gerade das Zentrum der europäischen Indie-Szene! Spätestens seit Sophie Löw und ihr Ensemble Culk auf dem letztjährigen Reeperbahn Festival unter Postpunk-Freunden für Furore sorgte(n) – nicht zuletzt, weil sie auf Deutsch singt -, empfahl sich auch das Wiener Projekt als würdige Vertreter dieser jungen, vielseitig agierenden Szene. Nun liegt mit „Zerstreuen über Euch“ das zweite Album vor – und hier setzen Sophie und ihre Jungs die auf dem Debüt formulierte Philosophie, politisch motivierte, gebrauchssprachliche Poesie mit harter Postpunk- und Kaputnik-Blues-Ästhetik und schmirgelnder Indie-Rock-Stringenz zu verquicken, erneut erfolgreich in Szene.
Das inhaltliche Thema des Albums präsentiert Sophie in dem Track „Dichterin“ eindrucksvoll, indem sie sagt: „Ich bin kein Dichter, aber ich schreibe Gedichte“. So macht sie deutlich, welche Kraft sie der Interpretation der Sprache beimisst und geht sogar so weit, in der aktuellen Bio zu analysieren, dass die Sprache die Basis unserer Gesellschaft bilde – und wer immer die Interpretationshoheit darüber gewänne, eben bestimme, wo es lang geht. Logisch, dass unter diesen Umständen keine pflegeleichten Pop-Songs herauskommen können. „Zerstreuen über Euch“ ist verstörend, brutal, ehrlich, geradlinig, widersprüchlich, aber auch auf hypnotische Weise attraktiv und deswegen vielleicht relevanter als so manches, was ansonsten an deutschsprachiger Musik gerade so herumgeistert.
„Zerstreuen über Euch“ von Culk erscheint auf Siluh/Cargo.