Das kanadische Ensemble Bell Orchestre kann – je nach Interpretation – als improvisatorisch agierende Big Band oder als zügelloses Kleinorchester gesehen werden. Das liegt vor allen daran, dass sich das Sextett aus Montreal – zu dem unter anderem auch Richard Parry und Sarah Neufeld von Arcade Fire gehören – stilistisch überhaupt nicht einordnen lässt. Die Instrumentierung mit elektrischen und akustischen Saiten-, Blas-, Perkussion- und Streichinstrumenten sowie elektronischen Hilfsmitteln ermöglicht es der Band im kollektiven Miteinander mühelos, Elemente aus der Klassik, dem Folk, Jazz, Avantgarde und Rock zu einem quirligen, wellenförmigen Durcheinander jenseits aller Konventionen zusammenzuführen. Da das Ganze sich bewusst ohne vorherige Absprache ganz organisch auf Improvisationsbasis entwickelte, entstand so ein hörspielartiger durchgehender Flow, der lediglich durch die nachträglich ins Spiel gebrachten Songtitel für die einzelnen Abschnitte eine Art von Struktur erhält. Begleitet von – ebenfalls nachträglich – zusammengestellten Videos, die von Bandmitglied Kaveh Nabatian erschaffen wurden, entstand auf diese Weise ein hörspielartiger Pseudo-Soundtrack in Form eines allmählich anschwellenden Spannungsbogens, der sich allerdings aufgrund des nicht steuerbaren Ansatzes ohne regelrechte Auflösung dahinzieht. Witzigerweise entsteht so der subjektive Eindruck eines 40-minütigen Intros.
„House Music“ von Bell Orchestre erscheint auf Erased Tapes/Indigo.