Share This Article
Kati von Schwerin bezeichnet sich selbst als „Full Media Pop Artist“ – und das ist nicht geflunkert. Sie ist Bildende Künstlerin (ihre letzte Ausstellung „Cloudy Mirrors“ war letztes Jahr in Berlin zu sehen), Podcasterin (die „Derby WG“ bewohnte sie gemeinsam mit ihrem Partner Hagen Siems), Schriftstellerin (ihr Debütroman „Berlin? Ja, wir hatten da mal was“ erscheint im Herbst) und natürlich Musikerin. Vor wenigen Tagen erschien ihr inzwischen drittes Album „Welcome Back Home“, auf dem die im Ruhrgebiet geborene, lange Jahre in Berlin heimische und jetzt gerade frisch nach Ostfriesland umgezogene Allround-Künstlerin einmal mehr ihre Liebe für anspruchsvolle, variantenreich arrangierte und inszenierte Popmusik im Breitwandformat auslebt. Anders als auf ihrem an dieser Stelle zur Platte der Woche gekürten Erstling „Remedy“ (2016) und dem Nachfolger „Inspired By The Riot“ (2018) rückt sie auf „Welcome Back Home“ aber klanglich ihr Faible für klassische Synthie-Sounds in den Fokus und zeigt so, wie man sich selbst treu bleiben kann, ohne auf der Stelle zu treten. Textlich lässt sie sich derweil tief in die Karten schauen, wenn sie sich inspiriert vom allgemeinen Wahnsinn des Hier und Jetzt und der einschneidenden Erfahrung, fast ihren Vater verloren zu haben, ihre Sorgen ungefiltert und unumwunden von der Seele schreibt. Bis Ende Mai ist sie nun auf Release-Tournee, vorab allerdings nahm sie sich Zeit für unsere zehn Fragen.
1. Was ist deine Definition von „guter Musik“?
Authentizität. Technik und Gefühl. Sobald Musik etwas auslöst, beeinflussen kann und einen Unterschied macht, dann ist es „gute Musik“. Ich habe Anfang des Jahres das neue Album von Paolo Nutini entdeckt und es war wortwörtlich ein Life-Changer für mich. Obwohl ich selber Musikerin bin, hat es mich trotzdem wieder unendlich fasziniert, was Musik leisten und auslösen kann.
2. Was war der wichtigste Einfluss bei den Aufnahmen zur neuen Veröffentlichung?
Bevor ich angefangen hatte, die Songs für das neue Album zu schreiben, steckte ich in einer recht tiefen Schreibblockade fest. Es war mir irgendwann fast schon unbegreiflich geworden, wie ich es überhaupt jemals fertiggebracht hatte, Musik zu schreiben und zu komponieren. Dann fand ich mich leider in einer sehr sorgenvollen Ausnahmesituation wieder und war mehr oder weniger gezwungen, meine Emotionen in musikalische Arbeit zu stecken. Diese sehr schwere Zeit hat den Schreib- und Aufnahmeprozess stark beeinflusst. Im Vergleich zu den vorherigen Alben war es mir diesmal vollkommen egal, wie die Songs ankommen würden oder was man davon hält. Ich hab es eigentlich nur für mich geschrieben, um Dinge loszuwerden und zu verpacken. Dadurch ist für mich ein sehr besonderes Album geworden.
3. Warum sollte jeder deine neue Veröffentlichung kaufen?
„Welcome Back Home“ ist ein Pop-Folk-Album ohne „Grower“ und ohne „Skipper“, wenn es vorbei ist, will man direkt nochmal. Kurzweilig, vereinnahmend und straight mit eingängigen Melodien, Rock- und Synthievibes, aber auch schweren Balladen. Das Album hat kein Konzept, kein Kalkül, kein Bullshit.
4. Was hast du dir von deiner ersten Gage als Musiker/-in gekauft?
Puh, das weiß ich ehrlich gesagt nicht mehr. Ich kann mich an meine erste Gage nicht erinnern, aber es wird nicht viel gewesen sein, also ist es wahrscheinlich direkt im Anschluss für Pizza und Bier draufgegangen.
5. Gab es einen bestimmten Auslöser dafür, dass du Musiker/-in werden wolltest?
Das war in meinem Fall gar keine bewusste Entscheidung. Mein Vater ist immer auch Musiker gewesen, daher hab ich schon früh Konzert-Luft geschnuppert und Musik war immer sehr wichtig für mich. Ich bin dann in meiner frühen Jugend fast täglich in den Keller gestiefelt und hab zu meinen Lieblingsliedern gesungen. Das hat mir einfach sehr großen Spaß gemacht und irgendwann dachte ich mir dann, ich könnte das ja auch mal auf einer Bühne machen und meine eigenen Songs schreiben. Dann habe ich das ausprobiert und es hat sich gut und aufregend angefühlt, also bin ich dann Musikerin geworden. Es gab also nicht DEN Schlüsselmoment, ich hab das einfach immer gern gemacht!
6. Hast du immer noch Träume – oder lebst du den Traum bereits?
Oh, eine schöne Frage! Nicht ganz leicht zu beantworten… Ich würde sagen, es trifft beides zu. Viele meiner Träume sind inzwischen Realität geworden und dafür bin ich unendlich dankbar. Ich glaube aber, dass es wichtig ist, immer weiter zu träumen, Ziele zu haben und sich auch regelmäßig zu hinterfragen, denn Stillstand ist selten gut. Ich habe noch Träume und es kommen auch immer neue hinzu, privat und beruflich, und ich freue mich schon jetzt darauf, sie Wirklichkeit werden zu lassen.
7. Was war deine größte Niederlage?
Kurz nachdem ich mein erstes Album aufgenommen hatte, hatte ich mir von jemandem einreden lassen, es sei Schrott, ich wäre keine Musikerin und ich würde mich damit nur lächerlich machen. Meine größte Niederlage war, mir das anzunehmen. Es hat mich zwei Jahre meines musikalischen Lebens gekostet, bis ich das abschütteln und weitermachen konnte.
8. Was macht dich derzeit als Musiker/-in am glücklichsten?
Wertschätzung, Anerkennung. Zu sehen, dass Musik für viele doch noch kein Wegwerf-Produkt geworden ist, sondern ein kostbares, magisches Gut, bei dem Streaming- und Followerzahlen einen Scheiß bedeuten.
9. Welches ist das schlechteste Lied, das je geschrieben wurde?
„Hey Jude“ – The Beatles. Sorry, aber das „Nananananana“ hat uns echt viel Elend beschert.
10. Wer – tot oder lebendig – sollte auf deiner Gästeliste stehen?
Prince. Kriegt auch Backstagepass!
„Welcome Back Home“ von Kati von Schwerin erscheint auf Paisley Heart Records.