Merkwürdig, dass der Südstaatler Drew Holcomb erst auf seinem neunten Studioalbum feststellt, dass wir keine Fremden mehr sind. Auf seine Fans und seine Musik kann das eigentlich nicht gemünzt sein, denn musikalisch bieten Holcomb und seine Band genau das was von ihm gewünscht und erwartet wird: Americana Storytelling mit Southern Swing, überraschend wenig direkten Country-Bezügen, dafür aber Folk-Pop-Akzenten, eine Prise Memphis-Soul (inkl. Bläsern), Heartland Rock und sogar einem gewissen Laurel Canyon-Flair. Das Album wurde – gleich im Anschluss an die Pandemie – wiederum live im Studio eingespielt und zeigt Holcomb insbesondere gesanglich und songwriterisch in Höchstform – auch wenn er das musikalische Kernstück der Scheibe (eine gut gelaunte Big-Band-Party namens „Dance With Everybody“) zusammen mit Ketch Secor von Old Crow Medicine Show schrieb. Aber gerade im Zusammenwirken mit anderen – sei es seinen Bandmates, seinen Co-Autoren und Gästen wie dem National Parks-Chor – scheint Holcomb ja seine wahre Berufung zu sehen. In den USA ist er mit diesem Ansatz sehr erfolgreich: Seine letzten fünf Alben landeten allesamt in den Billboard-Charts und er kuratiert zudem sein jährliches Moon River Music Festival, auf dem seine Art von Americana zelebriert wird. Und das ist jene Art von Americana, die sich eben nicht in Klischees und Formaten ergeht, sondern ergebnisoffen alles aufgreift, was dem jeweiligen Song dienlich sein könnte.
„Strangers No More“ von Drew Holcomb And The Neighbors erscheint auf Magnolia Music.