Könnte es sein, dass die kalifornische Avantgarde-Popperin Lindsay Olsen a.k.a. Salami Rose Joe Louis mit ihrem dritten Album „Lorings“ auf dem Boden der Realität angekommen ist, nachdem ihre ersten beiden Werke „Zlaty Sauce Nephew“ und „Zdenka 2080“ als Science-Fiction-Operas angelegt waren? Musikalisch ist das nicht wirklich rauszuhören, denn das ganze Album wurde (bis auf ein paar Gastbeiträge von befreundeten musikalischen Querdenkern wie dem Gitarristen Simon „flanafi“ Martinez) mit einer Roland MV-8800 Workstation produziert – einem Sampler mit Rhythmus-Generator, Sequencer, Synthesizer-Funktion, Sound Library und Effekten – aber ohne eigenes Keyboard. Das erklärt die rhythmische Orientierung des ganzen musikalischen Materials, in dem sich zwischen Ambient-Klangflächen, programmierten Drum-Patterns und getriggerten Sequenzen alles in einem lautmalerischen, artifiziellen Klangraum abspielt, in dem SRJL zwar mit jazziger Leichtigkeit und minimalmusikalischen Strukturen, aber ohne große melodische Affinitäten agiert.
Das klingt dann zwar immer noch nach Science-Fiction – hat dann aber inhaltlich eine ganz andere Ausrichtung, denn hier befasst sich SRLJ nicht mehr mit extraterrestischen Themen, sondern vielmehr ganz konkret mit ihrer Sicht auf ihre aktuellen emotionalen und psychische Verfassung und auch ihrer Sicht auf den Zustand der Welt. So diskutiert sie Themen wie das „Impostersyndrom, Verliebtheit, Herzschmerz, die Idee von Familie und Elternschaft, Oberflächlichkeit und ihre Frustration über die Musikindustrie“. Das macht sich dann insbesondere gesanglich bemerkbar, denn die dahin geflüsterten Vocals strahlen eine gewisse Emotionalität und eine Verletztlichkeit aus, die in der Welt der Science Fiction bislang keine große Rolle spielte. „Lorings“ (was sich in etwa als „Lehren“ übersetzen ließe) ist somit – trotz des avantgardistischen Ansatzes – SRLJs vermutlich menschlichstes Album geworden.
„Lorings“ von Salami Rose Joe Louis erscheint auf Brainfeeder.