Eines der eigenartigeren musikalischen Konzepte der Neuzeit hat sich die New Yorker Künstlerin Mei Semones ausgedacht. In ihrem ziemlich abenteuerlichen Weltbild gibt es Platz für Samba-Harmonien und -Rhythmen, eine virtuos inszenierte, klassische Konzertgitarre, brachialen oder doch zumindest konkreten Indie-Rock, verhuschte Folk-Passagen, verstiegene Streichersätze (die auch ein Van Dyke Parks nicht wunderlicher hinbekommen hätte), jazzige Improvisationen, avantgardistische Strukturen wie wir sie von den High Llamas kennen und obendrein einen verspielt ausgelebten Flirt mit Meis japanischen Roots: Der Titel des Albums „Animaru“ etwa versinnbildlicht, wie Japaner das englische Wort „Animal“ aussprechen würden.
Vorbereitet hat Mei Semones dieses erstaunliche Debüt-Album mit einer ersten EP „Kabotumushi“- vor allen Dingen aber über Touren mit gleichgesinnten Querdenker wie Liana Flores, Elephant Gym oder Kara Jackson. Laut Semones handelt es sich bei den Songs um „anspruchsvolle Deklarationen nicht-romantischer Liebe“ (also der Liebe zu Familie, Musik und ihrer Gitarre). Dabei geht es offensichtlich um die Spannungen, die sich in solchen Beziehungsgeflechten ergeben, denn wenn Mai Semones eines kann, dann ist das, Spannungen zu erzeugen und aufzulösen bzw. umzulenken oder zu zerstören. Bestes Beispiel für dieses Prinzip ist der Schlüsseltrack „I Can Do What I Want“, in dem alle zuvor genannten Klangwelten in einem einzigen Track von gerade mal drei Minuten zum Einsatz kommen, miteinander im Kontrast stehen und sich letztlich dann doch zu einem ungemein komplexen Stil-Universum verdichten.
Inwieweit man nun bereit ist, den von Mei Semones und ihren Musikern eingeschlagenen Weg zu begleiten, muss zweifelsohne jeder selbst für sich entscheiden. Nur soviel: Am Ende dieses Weges steht dann ein Hörerlebnis, wie man es in dieser Konsequenz nun wirklich nicht jeden Tag zu hören bekommt.
„Animaru“ von Mei Semones erscheint auf Bayonet/Cargo.