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„Late To The World“ heißt das aktuelle Album von Lily Somerville und Megan Markwick – besser bekannt unter ihrem Kunstnamen Ider, welches sie zusammen mit dem Produzenten Dann Hume in einer walisischen Kirche aufnahmen, in der Hume sein Studio eingerichtet hat. Das geschah nicht etwas aus religiösen Gründen, sondern weil die beiden Freundinnen ein neues musikalisches Kapitel aufschlagen wollten, das sie „Powerful Minimalism“ nannten und das ihren E-Pop-Ansatz eine zusätzliche Dimension hinzufügen sollte.
Zur Zeit sind Ider auf einer weltumspannenden Tournee, die sie zunächst nach Europa und nun die USA führte, auf der sie das Konzept des Powerful Minimalism – nun mit zwei zusätzlichen Begleitmusikern – auch auf der Bühne implementierten. Bevor im Mai nun eine Stripped-Down-Version des bereits als Single veröffentlichten Tracks „I Know How It Hurts“ veröffentlicht wird (eine Art Hobby, dem Lily und Megan frönen), gelang es uns, die Damen zum Ende der Europa-Tour und noch bevor es in die USA gehen sollte noch schnell mit unseren zehn Fragen zu konfrontieren.
Zunächst aber mal interessiert, was Ider denn wohl genau unter „Powerful Minimalism“ verstehen und was das für ihre Musik bedeutet? „Also das Album haben wir in einer relativ geräumigen Kirche mit einem riesigen Live-Raum aufgenommen“, berichtet Megan, „das hat uns zum einen ermutigt, in einen größeren klanglichen Raum vorzustoßen, uns dabei aber auf ganz bestimmte Sounds konzentrieren zu können, die wir dann für jeden Song aussuchten, so dass uns die Musik in die Richtung lenken konnte, die notwendig war.“ Das heißt also, dass es gar nicht um Reduktion ging – sondern um die Konzentration auf die wesentlichen Elemente? „Genau“, bestätigt Lily, „das heißt aber nicht, dass sich unser Ansatz das Songwriting betreffend geändert hat. Manchmal schreiben wir Songs separat und führen sie dann zusammen – manchmal aber schreiben wir auch zusammen und manchmal zusammen mit dem Produzenten Dann.“
Worum ging es Ider bei der neuen Scheibe? „Etwas zu erschaffen, auf das wir stolz sein können“, meint Megan, „und das zum Ausdruck zu bringen, was wir sagen wollten. Erfolg bedeutet für uns, über unsere Musik mit anderen in Verbindung zu treten, Shows auszuverkaufen und dann gemeinsam mit den Menschen zu singen. Wir versuchen ja durch unsere Musik, den Sinn der Welt und von Menschen zu verstehen und wie wir die Welt wahrnehmen.“ „Ich würde auch sagen, dass die Verbindung mit anderen das erste, was mir in den Sinn käme, wenn es um unsere Musik geht“, ergänzt Lily, „und zwar zugleich als Zuhörerin wie auch als Performerin. Man erfährt so ja auch ständig neue Sachen über sich selbst. Man will ja auch ständig weiter wachsen.“
Was will uns der Titel „Late To The World“ eigentlich sagen? Ist das eine Ode an die zu spät gekommenen? „‚Late To The World‘ erzählt von Spätblühern, die von der Welt zurück gelassen wurden“, erklärt Megan, „bzw. von der der Zeitschiene der Welt. Der Spätblüher reklamiert diese dann aber wieder für sich und fragt sich: Für welche Welt soll ich denn überhaupt zu spät sein?“ Dass diese „Spätblüher-Theorie“ dann wieder aus dezidiert weiblicher Sicht betrachtet wird und zu dem Schluss kommt, dass es ja gar nicht so schlecht ist, ein wenig Oldschool-mäßig zu agieren, gehört zum Basis-Programm, das sich Ider zum Thema gemacht haben. Hier nun also unsere zehn Fragen:
1. Was ist eure Definition von „guter Musik“?
Megan: Etwas, was dich fühlen macht.
Lily: Knaller. Nicht unbedingt laute und schnelle – denn Knaller können auch langsam sein und wirken – aber krachen sollte es schon.
2. Was war der wichtigste Einfluss bei den Aufnahmen zur neuen Veröffentlichung?
Megan: Mitsky – oder?
Lily: Ja, Mitski oder Robyn.
Megan: Wir wollten auch organischer arbeiten. Früher haben wir ja mehr so etwas wie Bedroom-Pop gemacht. Auf diesem Album gab es aber mehr Live-Instrumentierung und wir haben zum Beispiel erstmals mit einem Live-Drummer aufgenommen. Wir haben jetzt auch noch eine zusätzliche Musikerin an Bass, Gitarre und Keyboards in der Live-Band um das dann auf der Bühne auch entsprechend deutlich machen zu können.
3. Warum sollte jeder eure neue Veröffentlichung kaufen?
Megan: Ihr solltet das Album kaufen, weil hier ein Knaller dem anderen folgt.
Lily: Man sollte das Album kaufen, weil es eine Reise darstellt, die viele verschiedene Seiten dessen repräsentiert, was es bedeutet, Mensch zu sein.
4. Was habt ihr euch von eurer ersten Gage als Musikschaffende gekauft?
Megan: Wahrscheinlich ein Bier?
Lily: Eine Harmonika.
5. Gab es einen bestimmten Auslöser dafür, dass ihr Musikschaffende werden wolltet?
Megan: Ich wollte immer schon Texte und Songs schreiben – und dieses Bedürfnis ist im Laufe der Zeit immer mehr gewachsen – und das hat nicht mehr aufgehört seit ich sechs Jahre alt war.
Lily: Als ich 15 war, habe ich Gillian Welch in London live gesehen – und das war das Größte für mich.
6. Habt ihr immer noch Träume – oder lebt ihr den Traum bereits?
Megan: Ich habe immer noch Träume – die Träume hören nicht auf. Wir müssen uns aber auch bewusst machen, dass wir unseren Traum auch leben. Aber wenn man aufhört zu träumen, dann hörst man auch auf, etwas zu machen.
7. Was war eure größte Niederlage?
Lily: Das ist eine interessante Frage, weil die größten Niederlagen ja auch zu den größten Triumphen werden können und neue Türen öffnen können. Wir hatten eine schwere Zeit im Lockdown, als wir eine geplante US-Tour nicht spielen konnten. Wir haben damals auch unser Team gewechselt und es war im allgemeinen eine schwierige Zeit. Es war dann aber auch eine sehr produktive Zeit, die uns letztlich dahin geführt hat, wo wir jetzt sind.
8. Was macht euch derzeit als Musikschaffende am glücklichsten?
Megan: Das erste was mir einfällt sind die Leute, mit denen wir jetzt zusammenarbeiten. Es braucht ja eine Menge Zeit, die richtigen Leute finden zu können, denn das sind ja nicht unbedingt die Leute, die du zuerst triffst. Es ist dann wichtig, dieses Team zusammenzuhalten – und damit sind wir sehr glücklich.
Lily: Das kann ich zu hundert Prozent unterstützen. Und was mich auch glücklich macht, ist wenn dann bei unseren Shows hunderte von Menschen zusammenkommen und man dann dieses Gefühl der Verbundenheit spürt.
9. Welches ist das schlechteste Lied, das je geschrieben wurde?
Megan: Das erste, was mir einfällt ist nicht unbedingt der schlechteste Song, sondern die schlechteste Textzeile. Und das ist in Alicia Keys „New York“-Song die Stelle, an der sie über den leeren Kühlschrank fabuliert: „Someone sleeps tonight with a hunger far more than an empty fridge“ – das ist total peinlich und bringt mich immer zum lachen.
Lily: Ja, das ist ikonisch und lächerlich – da hat Megan recht.
10. Wer – tot oder lebendig – sollte auf eurer Gästeliste stehen?
Megan: Sinead O’Connor, Bruce Springsteen, Beyonce, Dolly Parton und Stanley Tucci.
„Late To The World“ von Ider erscheint auf Nettwerk.