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Mehr als der Sohn
Natürlich ist da der Name: Wer Fan der Allman Brothers Band ist und das Ableben inzwischen fast aller Originalmitglieder sowie das endgültige Ende der Band vor gut einer Dekade betrauern musste, klammert sich an jeden Strohhalm. Gut also, dass Gregg Allmans ältester Sohn Devon die Fackel in die Hand genommen hat und das Erbe angetreten hat. Nicht jedoch, um es zu verwalten und mit Cover-Versionen der Brothers durch die Lande zu ziehen. Ja, die eine oder andere Perle aus deren reichhaltigem Katalog taucht immer mal auf den Setlists von Devon Allman auf. Doch wer sich die gelungene neue Studioplatte „Miami Moon“ anhört, findet dort kompakte Songs um die vier Minuten mit souligem Groove und nur einen ausgedehnten Instrumental-Jam. In der Blues Garage freilich legt sich das Devon Allman Project keine Fesseln an, breitet sich gern einmal auf zehn Minuten aus und brennt das eine oder andere Feuerwerk ab.
Zunächst entern Keyboarder Bob Fridzema, Drummer John Lum und Bassist Chris Turnbaugh die Bühne, um einen Funk-Jam zu starten. Perkussionist David Gómez und Gitarrist Jackson Stokes kommen dazu, bis schließlich der Meister selbst unter Jubel die Bretter betritt. Ein bisschen Starkult muss sein. Wobei sich Devon Allman sonst angenehm nahbar gibt, am Devotionalienstand jedem die Hand schüttelt, CDs signiert und immer ein paar nette Worte parat hat. Auch während des Konzerts lobt er die Gäste des längst nicht ausverkauften Clubs, ruft ihnen „I believe in you, Blues Garage!“ zu und verspricht, im nächsten Jahr wiederzukommen. Früh im Konzert blitzt ein Schnipsel von „Jessica“ der Allman Brothers hervor, eine Verbeugung vor Henry Gellrich, dem Chef der Blues Garage, der bei jedem Konzert seine Anmoderation mit dem Song ankündigt. Wenn „Jessica“ erklingt, geht’s los.
Mit „Melissa“ von dem dritten Studioalbum der Allman Brothers, „Eat A Peach“, wird noch ein weiteres Mal an die Vorfahren erinnert. Auf Zuruf aus dem Publikum, aber auf der Setlist ohnehin vorgesehen. Devon an der Akustikgitarre, Stokes an der E-Gitarre zwischen klagend und singend, ein Sound, wie man ihn vom Brothers-Gitarristen Dickey Betts liebt, der vor einigen Jahren unter eigenem Namen in der Blues Garage gastierte. Vom Vater Gregg, den Devon aufgrund der Trennung seiner Eltern erst später kennen und schätzen lernte, hat er die soulige Stimme geerbt, die auch ein wenig an Steve Winwood erinnert, von seinem Onkel Duane Allman die Gene für das Gitarrenspiel.
Zwei ca. 50-minütige Sets spielt das Devon Allman Project. „Midnight Lake Michigan“ bleibt instrumental, Stokes legt ein loderndes Gitarrensolo über Fridzemas Hammond-Orgel-Flokati. Mit „Southern Rain“ folgt ein straighter Blues-Rocker mit Country- und Soul-Touch. Americana at it’s best vom zweiten Album der Allman Betts Band mit Duane Betts, dem Sohn von Dickey Betts. Das im Refrain etwas fade „Electric Lady“ stammt aus der Zusammenarbeit mit Donovan Frankenreiter, mit dem Devon Allmann 2023 50 Shows in allen 50 US-Staaten in 49 Tagen durchzog. Recht umtriebig der 52-Jährige, der bereits die Band Honeytribe betrieb und The Royal Southern Brotherhood (mit Cyril Neville von den Neville Brothers) mitbegründete. Zwischendurch nahm er zudem vier Soloalben auf.
Mit Songs von seinem letzten Album, „Miami Moon“ startet das Devon Allman Project in die zweite Runde. „You“ überrascht mit karibisch anmutendem Yard-Rock. Federnde Congas, ein verhalten funkiger Saitenanschlag und Duett-Gesang von Allman und Stokes. Palmen bewegen sich sachte in der Meeresbrise, die Liebste an der Seite und ein zufriedenes „Baby, it’s you“ im Refrain. Auch der Titelsong strahlt ein relaxtes Strand-Flair aus. Gómez streut ein lässiges Saxofon-Solo ein, Devon singt: „Just me and you / and the Miami Moon / in the month of June.“ Nun denn, der Liebe genügen mitunter die schlichten Worte.
Zwischen die beiden Songs platziert: das wunderbare Instrumentalstück „Sahara“, zu dem sich Allman von einer Reise mit seinem Sohn durch die marokkanische Wüste inspirieren ließ. Deutlich weiter entfaltet als auf dem Tonträger erinnert das Gitarrenspiel an Santana, dazu das pulsierende Doppel aus Drums und Percussion. Und eine Verbindung zu Santanas Wüsten-Albumtitel „Caravanserai“ mag ebenfalls in den Sinn kommen. Als Zugabe wird das „White Horse“ vom aktuellen Album gesattelt. Funkig-poppig in vergleichsweise schlankem Songformat, Allman an der Akustikgitarre. Und als Abschluss das The Cure-Cover „A Night Like This“ als groovige soulig-rockende Melange, erneut mit Saxofon-Einlage, die es auch in dem für die Düstermänner recht aufgeräumtem Original gibt. Ein abwechslungsreiches Konzert zwischen herrlichen Instrumental-Jams und entspannten Gute-Laune-Vibes, zwischen Allman Brothers-Tradition und eigenständiger Ambition. Großer Name, großes Konzert.