Mit seinem nunmehr auch schon neunten Solo-Album wollte sich der australische Songwriting-Grandseigneur Robert Forster von der allzu persönlichen Note, die seinem schwierigen (aber sehr gelungenen und erfolgreichen) letzten Werk „The Candle And A Flame“ loslösen und sich wieder stärker als fabulierender Geschichtenerzähler betätigen, der über den persönlichen Tellerrand blickt. So ganz ist ihm das allerdings gar nicht gelungen, denn die beiden Schlüsseltracks des Albums – das mit seiner Frau Karin Bäumler als Duettpartnerin inszenierte Titelstück „Strawberries“ und das ungemein sympathische musikalische Selbtsprorträt „It’s A Shame“ – enthalten dann doch eine sehr persönliche Perspektive. „Strawberries“ entstand aus einer Situation heraus, bei der sich Foster dabei ertappte, alle Erdbeeren aufgegessen zu haben – weil diese so außergewöhnlich schmeckten – und sich dann an der Frage egötzte, was denn bitte auf der anderen Seite „gewöhnlich“ sein könnte und darüber in einen Dialog mit Karin tritt. Und „It’s A Shame“ ist ein selbstironischer und ungemein amüsanter Blick zurück auf Forsters Musikanten-Karriere.
Die anderen Songs beschäftigen sich dann aber tatsächlich mit Geschichten über Leute, die Forster auf seinen Reisen beobachtete und deren Narrative er dann fröhlich weiterspinnt – so wie etwa die Story eines Englisch-Lehrers, der eine Französin kennenlernt in dem Track „Tell It Back To Me“ oder jene des Liebenden in dem Track „All Of The Time“, der seine Paranoia überwindet. Und dann ist da noch der Song „Breakfast On The Train“, der die Geschichte einer Romanze auf der Durchreise erzählt – über eine Laufzeit von fast acht Minuten. Überhaupt hat Forster viel zu sagen – denn gleich mehrere Tracks kratzen oder überschreiten die Fünf-Minuten-Grenze.
Während Forster auf dieser Scheibe vor allen Dingen sein Profil als Songwriter weiter schärft, setzt er musikalisch wieder ganz auf die Tugenden, die er bereits mit den Go-Betweens seit jeher faszinieren. So findet Forster auch auf diesem Werk etwa wieder Melodien und Harmoniefolgen, die eindeutig nur ihm zuzuordnen sind – weil sie anderen offensichtlich nicht einfallen wollen. Dabei tat er sich mit dem Produzenten Peter Morén zusammen (Peter, Björn & John), den er bereits 2016 kennenlernte und der sich hinter dem Mischpult deutlich an den Sound-Ästhetik der frühen Go-Betweens-Scheiben orientierte. Insgesamt ist dieses Album auch wieder fülliger arrangiert als das dezidiert asketisch ausgerichtete Vorgängerwerk. Unterstützt von seinem Sohn Louis, der das Werk mit einigen eleganten Gitarren-Impressionen bereicherte und einigen Gästen – darunter Saxophonistin Lena Langsdorf – wagte Forster obendrein auch Experimente, wie z.B. die in eine epische psychedlische Orgie abdriftende, spirituelle abschließende Ballade „Diamonds“ oder das als Country-Pardodie mit Ragtime-Touch angelegte Titelstück. Ohne Frage gelang es Robert Forster mit diesem Album von den Sorgen und Nöten des letzten Projektes zu lösen und auf fast schon spielerische Weise zu alter Größe aufzulaufen.
„Strawberries“ von Robert Forster erscheint auf Tapete/Indigo.