Die Vandoliers gehören zu jener Spezies von Bands, die ihre musikalische Erfüllung vor allen Dingen über die Live-Präsentation auf der Bühne erreichen. Ähnlich wie das zum Beispiel auch bei der (musikalisch zufällig ähnlich gepolten) Skinny Lister der Fall ist, dienen die LP-Produktionen solcher Acts dann immer eher als unverbindliche Empfehlung und die Songs als Sprungbretter, von denen sich die Musiker dann in ihre überbordenden Live-Events stürzen. Das ist bei „Life Behind Bars“, dem immerhin fünften Album der texanischen Alt-Country-Punker Vandoliers auch wieder so – gleichwohl es auf diesem Album noch eine Meta-Ebene gibt, die weit über die musikalischen Aspekte hinausreicht.
Denn seit die Band 2023 an dem Tag, an dem der Gouverneur von Tennessee ein Gesetz zum Verbot von Drag Shows unterschrieb, in der Stadt Maryville ein Konzert zugunsten von LGBTQ+-Projekten aus Trotz dann erst recht in Frauenkleidern spielten, veränderte sich auch für die Vandoliers grundsätzlich einiges. Joshua Fleming – bis dahin Frontmann der Band – outete sich nach dieser Show als Trans-Person und firmiert seitdem unter dem Namen Jeni Rose ab nun als Frontfrau des Ensembles. Nicht, dass man das dann heraushören könnte – aber durch dieses Ereignis änderte sich die inhaltliche Gewichtung der neuen Songs, in denen dann auch die anderen Bandmitglieder ihre Seelenzustände zum Ausdruck bringen wollten.
So entstand also der Titeltrack des Albums – „Life Behind Bars“ – als eine Art Abrechnung mit den persönlichen Gefängnissen der Autoren des Songs: Jenni Rose thematisierte demzufolge ihre Zeit im „closet“, für den Multiinstrumentalisten war es seine Zeit als Barkeeper, der inzwischen aus der Band ausgestiegene John Pedigo beklagte seinen Frust als Bandmusiker, und Joshua Ray Walker thematisierte seine Zeit im Gefängnis (was auch den allegorischen Songtitel erklärt). Alle Bandmitglieder nutzten also ihre persönlichen Geschichten, um diesem Song Nachdringlichkeit zu verleihen. Dass das Ergebnis musikalisch immer noch als ganz gut swingender Rocksong daherkommt (gleichwohl mit mehr Moll-Anteilen als gewohnt), ist natürlich dann systembedingt.
Aber auch ansonsten geht es inhaltlich recht heftig zu, denn neben der „Geschlechts Dysphorie“ thematisierte Jenni Rose auch noch ihren Kampf mit der Alkoholabhängigkeit. Mit diesen „Handicaps“ in einer Band zu arbeiten, die für ihre maskulin ausgelebte Partyfestigkeit bekannt ist und zudem im Bible Belt der USA beheimatet ist (was in dem gleichnamigen Song auch noch mal thematisiert wird), stellte insofern also sicherlich eine Extremsituation dar, die sich dann nicht nur inhaltlich, sondern eben auch musikalisch auswirkte. Da sich die Texte dann oft mit dem Abgleiten in die Düsternis (bzw. dem Kampf dagegen) beschäftigen – wie z.B. die Songs „Dead Canary“ und „Dead In A Ditch“, die die Scheibe als Opener und Closer einklammern – erscheinen die oft munter pulsierenden Party-Stomper musikalisch dann geradezu die Antithese der Inhalte zu verkörpern. Das freilich macht dann den Reiz der Sache aus, denn „Life Behind Bars“ ist so das erste Vandoliers-Album geworden, das nicht alleine als muntere Party-Scheibe funktioniert und sicherlich auch das erste, bei dem man als Zuhörer überhaupt auf die Texte achtet. Und mit der Singe „Your Picture“ enthält „Life Behind Bars“ auch noch eine bittersüße, aber auch versöhnliche Two-Step-Folk-Nummer.
„Life Behind Bars“ von den Vandoliers erscheint auf Break Maiden Records/Thirty Tigers.