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Southern Rock mit Rauschebart und Afro-Look
Das Wetter macht’s möglich: Ursprünglich als In-Door-Konzert geplant, wird der Auftritt von Robert Jon & The Wreck um die Ecke auf das Open-Air-Gelände am Motel California verlegt. Das passt, stammt die Band doch aus Kalifornien und bringt 17 Songs aus ihrem inzwischen reichhaltigen Œuvre mit. 2011 gegründet, haben sich die fünf Musiker dem Southern Rock verschrieben und stehen dabei in der Tradition stilprägender Bands wie Lynyrd Skynyrd oder den Allman Brothers Band – inklusive Twin-Guitars und Keyboards zwischen Gospel-Orgel und Saloon-Geklimper. Ein Fest für Freunde des Genres.
Bereits im ersten der beiden Sets wird kernig gerockt. Den Swamp-Blues von „Red Moon Rising“ durchziehen Orgel-Schübe, „Long Gone“ vom erst im August erscheinenden Album „Heartbreaks & Last Goodbyes“ prägt Henry James Schneekluths famose Gitarre mit allerlei Wah-Wah-Effekten und waidwundem Wolfsgeheul – fetzig, groovend, catchy.
Nach einer viertelstündigen Pause, die sich für ein Bier am Feuerwehrauto anbietet, steigen The Wreck mit dem Cover „Ain’t Wastin‘ Time No More“ wieder ein mit allem, was dem Fan an den Allman Brothers lieb ist. Dass Robert Jon Burrison und seine Mannen in dieser Tradition stehen, offenbart später auch „Cold Night“ mit dem Wechselspiel der Lead-Gitarren, wobei sich Schneekluth mit an Dickey Betts erinnernden klagend-fließenden Melodien hervortut. Dann eine Temposteigerung bis zur Ekstase, um zwischendurch in ruhigere Fahrwasser zurückzukehren, bis Keyboard-Klavier und Gitarre in einen lodernden Wettstreit treten, sodass nach gut zehn Minuten die Bühne Feuer zu fangen droht.
Ohnehin werden die Songs zum Ende des Konzerts länger. „Ballad Of A Broken Hearted Man“ begibt sich zunächst in eine Lauerstellung wie die Klapperschlange in der Mojave-Wüste, bevor Andrew Espantmans gnadenlos die Felle peitschenden Drumsticks zuschlägt. Dazu mehrstimmiger Gesang à la Eagles. Und dann kommt ein einsames Westerndorf in den Blick. Ein Whiskey an der ranzigen Theke und dazu lässt Jake Abernathie das Saloon-Klavier klimpern.
„Dark Angel“, ebenfalls ein Vorbote der neuen Platte, lebt von einem Rolling Stones-Gedächtnis-Riff, und das launige „Waiting For Your Man“ würde mit den pianistischen Blues- und Boogie-Akkorden auch seinen Platz auf dem Stones-Album „Exile on Main St.“ finden. „Oh Miss Carolina“ ist der heimliche Hit, textsicher mitgesungen vom Publikum, zum Teil a cappella.
Natürlich werden die Kalifornier nicht ohne Zugaben entlassen. „Glory Bound“ klingt nach dem alten Amerika, wie es Greil Marcus in seinem klugen Buch „Mystery Train“ beschreibt, in dem er auch den enormen Einfluss von The Band, Dylans zwischenzeitlicher Begleitband, würdigt. Man beamt sich in einen Schaukelstuhl auf einer Südstaaten-Veranda, umgeben von wispernden Pinien, Schneekluths, zarte Slide-Linien erklingen und aus der Ferne wehen Piano-Klänge hinüber. Wunderbar. Bis die Rocker-Seele von The Wreck wieder hervorbricht, das Tempo angezogen wird und das The Band-Flair in den Hintergrund gerät.
Robert Jon Burrison, mit Rauschebart und breitkrempigem Hut, überzeugt als Leadsänger mit seiner rauen Stimme, beschränkt sich sonst weitgehend auf die Rhythmusgitarre und lässt vor allem Henry James Schneekluth den Vortritt, der wahnwitzige Soli spielt, die nie in selbstverliebtes Gedaddel ausarten, aber eben auch songdienliche Melodien einflicht. Kongenial, dass hinter ihm ein Jimi-Hendrix-Bild an der Wand hängt, den Afro-Look duplizierend. Der coole Bassist Warren Murrel sorgt mit Andrew Espantman für das Rhythmus-Fundament, auf dem sich die Band zu tummeln weiß. Mit dem fast schunkeligen Rausschmeißer „Do You Remember“ und reichlich Beifall endet das gut 100-minütige Konzert.