Zusammen mit Will Gregory schuf Alison Goldfrapp das atmosphärisch so dichte Album „Felt Mountain“. Es war vor einem Vierteljahrhundert ein Meilenstein. Ein genauso gelungenes Debüt wie Portisheads „Dummy“. Trip Hop, düstere, traumverhangene Seelenlandschaften, Electro-Soundtracks für Filme, die im Kopf des Zuhörers entstehen. Bereits mit ihrem zweiten Album baute das Duo, das sich nach ihrer Sängerin Goldfrapp nannte, Verzerrer, Sequenzer und knallende Dance-Beats ein und schielte auf Clubs und Disco. Nach „The Love Invention“ vor zwei Jahren hat Alison Goldfrapp mit „Flux“ nun ihr zweites Soloalbum vorgelegt.
Mit „Hey Hi Hello“ wird der geneigte Zuhörer begrüßt und in Goldfrapps Liebes-Kosmos gelockt. Das klingt zunächst ein wenig nach Kylie Minogues Dance-Pop. Durch die Songs flirren verfremdete Space-Klänge à la Electric Light Orchestra und textlich entsteht eine Art Science-Fiction-Szenerie. In „Reverberotic“ schmachtet die Sängerin einen Roboter an; Autotune und sich verschluckende Synthie-Schübe unterstützen die kalte Erotik im Angesicht der Maschine. Der Auftakt zu „Sound And Light“ könnte von Depeche Mode stammen, bis sich Goldfrapps ätherische Stimme über die Keyboards erhebt. Mit dem Blick gen Himmel: „The emerald ribbons unfolding there in the sky“. Und irgendwo da oben gibt es sogar den „Ultrasky“: „We’re all dreamers sailing the ultrasky“. Wir gleiten wie der Silver Surfer durch die Wolken, auf denen synthetische Streichorchester spielen. Der nimmt uns vielleicht mit auf sein Brett, um sich zu den Klängen von „Find Xanadu“ auf die Suche nach dem Paradies zu begeben. Ein Popsong in der Tradition der Kollaboration des ELO mit Olivia Newton-John.
Wenn eine Liebe ruiniert ist, spenden die Sterne Trost, wie „Play It (Shine Like A Nova Star)“ verspricht. Und dann findet sich eine neue Liebe und damit der Himmel auf Erden. Das Glück getaucht in „Cinnamon Light“. Hingehaucht mit dieser mädchenhaften Stimme der 59-Jährigen. In dem abschließenden „Magma“ ist die Protagonistin bei sich angekommen, der Seelenflug nimmt ein Ende – ob auf der Erde oder in Xanadu. Wir wissen es nicht.
„Flux“ ist eine Art kosmische Reise, die sich tanzend und schwebend auf einem fliegenden Elektroteppich auf die Suche nach der Liebe und zu sich selbst begibt. Electro-Pop machen heute viele, aber Alison Goldfrapp – ob mit Will Gregory oder wie hier mit den Produzenten und Remixern Richard X und Stefan Storm – hebt sich von den üblichen Verdächtigen ab, die die Charts bevölkern. „Flux“ kann sich auf fließendes Wasser oder fließenden Strom beziehen, Natur und Technik. Und Fluxus als Kunstrichtung sieht die Grenzen zwischen Leben und Kunst als fließend an. „Find the flow, there’s a way, let it grow/Make a wonderful world on an ordinary day“ singt die Britin. Der Flow dieser Platte kann einen gewöhnlichen Tag zu einem besonderen machen.
„Flux“ von Alison Goldfrapp erscheint auf A.G. Records/Bertus.




