Als klassische Songwriterin konnte man die schwedische Musikerin Anna von Hausswolff guten Gewissens ja noch nie bezeichnen. Gerade mit ihren letzten Alben „Dead Magic“ (mit dem sie die Bereiche von dystopischen Doom-Metal-Soundwänden vorstieß) und dem Instrumental Werk „All Thoughts Fly“ – das alleine aus Kirchenorgel-Drones besteht – zeigte sie, dass sie Ihr Wirken vor allen Dingen im Experiment und wohl auch der Provokation sah. Schönklang, Songstrukturen und gepflegter Gesang waren ihr ja schon immer egal – aber es schien dann Annas Oeuvre doch immer mehr in Richtung eines musikalischen Abwärtsstrudels zu tendieren.
In dem Sinne ist Annas nun vorliegendes sechstes Studioalbum „Iconoclasts“ nun doch schon eine Überraschung – wenngleich eine nach wie vor allen Dingen unberechenbare und seltsame Überraschung. Nicht dass Anna Von Hausswolff nun plötzlich zur Pop-Musikerin geworden wäre – aber tatsächlich enthält dieses Album einige ihrer zugänglichsten und eingängigsten Arbeiten; allerdings mit Einschränkungen. Unterstützt von einer Reihe von Gästen wie etwa dem italienischen Ambient- und Drone-Experten Abul Mogard (Guido Zen) oder der amerikanischen Indie-Songwriterin Ethel Cain, Rock-Ikone Iggy Pop sowie Annas Schwester, der Kamerafrau Maria von Hausswolff entwickelte Anna sozusagen ein Konzept für ein Album ohne Konzept – denn die insgesamt 12 zum Teil überlangen Tracks entwickeln allesamt ein doch recht spezifisches Eigenleben.
Während die Arrangements der letzten Scheiben jeweils einer bestimmten Ästhetik untergeordnet wurden, gibt es auf diesem Album nun eine Art kreativen Wildwuchs. Neben Annas geliebter Kirchenorgel ist dieses Mal auch Raum für Synthie-Drones, Live-Drums, Folk-Gitarren, Chor-Arrangements und andere Vokale Effekte und vor allen Dingen Bläser aller Art. Auf diese Idee könnte Anna gekommen sein, als sie 22 das Montreux Jazz Festival besuchte, wo sie ihr Live-Album einspielte. Gerade die Bläser-Einlagen, die mal jazzig organisiert, mal kakophonisch, mal dystopisch, mal lautmalerisch und mal lyrisch eingesetzt werden, stellen vielleicht die interessanteste Neuerung dar. Ansonsten ist nichts festgeschrieben.
Die verschiedenen Tracks kommen mal als avantgardistische Drones daher – etwa in Form des Openers „The Beast“ wie auch des Closers „Rising Legends“ und dem mit Abul Mogard aufbereiteten Ambient-Track „Of Time“ – oder aber in Form ambitioniert strukturierter, songorientierter Epen wie etwa dem Prog-inspirierten Titeltrack, dem mit Iggy Pop inszenierten, schwelgerischen Dreampop-Song „Whole Woman“, dem von Tribal-Beats unterlegten Drama-Artpop-Song „Stardust“ sowie dem mit minimalmusikalischen Bläsern unterlegten „Folkpop-Song“ namens „Young Woman“, bei dem Ethel Cain als Duettpartnerin von Anna gastiert. „Iconoclasts“ ist somit eigentlich kein typisches Anna von Hausswolff-Album geworden – aber eines, mit dem sich die Fans ihrer früheren Werke vermutlich wesentlich besser identifizieren können, als mit den extremen Arbeiten der jüngeren Vergangenheit.
„Iconoclasts“ von Anna von Hausswolff erscheint auf YEAR0001.




