Platte der Woche KW 49/2025
Auf ihrem Debütalbum „Indelicate“ hatte sich die in Brooklyn lebende Songwriterin Kira Metcalf noch nicht entschieden, ob sie lieber als einfühlsame Poetin, sensible Folk-Queen, schmirgelnde Indie-Rockerin oder A-Cappella-Künstlerin in die Geschichte eingehen wollte. Dem Debüt folgte dann eine Reihe experimenteller Single-Tracks, mit denen sie dann ihrem Spektrum auch noch elektronische Elemente hinzufügte und ansonsten ihre Kompositionen in immer abenteuerliche harmonische und strukturelle Richtungen führte.
Das alles kommt ziemlich schlüssig und folgerichtig auf dem nun vorliegenden Album „Lessons In Majestic Humiliation“ zusammen. Insbesondere in struktureller und kompositorischer Hinsicht müsste Kira Metcalf zwar langsam Joni Mitchell Tantiemen zahlen – nur ist das ja in musikalischer Hinsicht eher als Lob denn als Vorwurf zu sehen, denn offensichtlich hat Kira Metcalf genau verstanden, worum es in dieser Hinsicht geht. Jedenfalls nicht um das Kopieren irgendwelcher Stile und Ideen – denn es ist schon faszinierend zu beobachten, wie Kira Metcalf ihre wortgewaltigen Lyrics über die Beziehungen zwischen toxischer Maskulinität, gestörter Selbstwahrnehmung, patriarchalischen Rollenbildern und feministischem Empowerment in verschiedensten musikalischen Gemengelagen auf ebenso intelligente wie auch ambitionierte Weise zusammenführt. Am ehesten kommt das dem nahe, was ihre britische Kollegin Laura Marling anstrebt.
Das gilt dann sowohl für eher folkorientierte Kompositionen wie „An Exercise“, „Please Don’t“ oder „Ready To Spill“ – vor allen Dingen aber für ihre teils recht brachialen, abrasiven Rock-Elaborate. Als Kernstück des Albums darf da zweifelsohne der Track „On Instinct“ gelten – der nicht nur das Thema übergriffiger Beziehungen aufgreift, sondern musikalisch überraschende Brücken schlägt zwischen Grunge-Power, Prog-Rock und Folkpop. Auch der Song „Must Be Nice“ behandelt das Thema von Abhängigkeiten und Scham in Beziehungen – überrascht dann aber mit abenteuerlichen Melodie-Gebilden und einer mittels eines Cellos dramatisch/theatralisch verstärkten Grundstimmung, wie sie auch Throwing Muses nicht besser hinbekommen hätten. In dem Track „OGOF“ kommt dann auch noch eine Prise überkippender, gesanglicher Hysterie hinzu, die dem Ganzen das Krönchen aufsetzt.
So richtig versöhnlich wird es dabei auch dann nicht, wenn Kira Metcalf auf der musikalischen Ebene die verschiedenen Stile in Songs wie „An Exercise“ oder „Good“ akustisch und elektrisch zusammenführt, denn am Ende siegen dann doch immer die Extreme – insbesondere auch die gesanglichen, denn da hat Kira Metcalf überhaupt keine Scheu, über die Grenzen des Selbstverständlichen hinauszugehen und ihren Emotionen freien Lauf zu lassen. Wem die üblichen Selbstbespiegelungs-Elegien insbesondere jüngerer Kolleginnen aus der Indie-Szene langsam zu belanglos erscheinen, der sollte sich unbedingt einmal mit Kira Metcalf auseinandersetzen.
„Lessons In Majestic Humiliation“ von Kira Metcalf erscheint auf Symphonic.




