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Wie ein Wirbelwind
Gut 15 Jahre sind vergangen, seitdem Isabelle Geffroy, alias Zaz, mit „Je veux“ kometenhaft in den Charts aufschlug. Die rund 5.000 Gäste der Swiss Life Hall in Hannover haben sie seitdem treu begleitet, sind mit ihr älter geworden. Vor allem bei weiblichen Fans ist Zaz besonders beliebt, finden sich doch viele reine Frauenrunden an den Stehtischen im Foyer ein, um vor Konzertbeginn noch mit einem Gläschen Sekt oder Weißwein anzustoßen. „Je veux“ wird später den Schlusspunkt setzen, Zaz wird noch ein letztes Mal über die Bühne fegen, den Refrain wie durch ein Kazoo gesungen verfremden. Stehende Ovationen für den französischen Wirbelwind.
Als Support hat Zaz Charlie Winston eingeladen. Der englische Singer/Songwriter hatte 2009 mit „Like A Hobo“ in Frankreich einen Nummer-1-Hit und die Single bekam auch in Deutschland reichlich Air-Play. Nicht nur für diesen Song erhält Winston reichlich Applaus, denn der 47-Jährige entpuppt sich als charmanter Entertainer, der sein Publikum zum Mitklatschen und Mitsingen motiviert, vor allem bei seinem Cover von Grönemeyers „Männer“.
Dann Bühne frei für Zaz. Zunächst sieht man sie in körnigem Schwarz-Weiß auf einer Leinwand. Botschaften auf Deutsch werden eingeblendet. Mit einem Handy am Teleskopstab kommt sie sich selbst filmend auf die Bühne. Leider haben die Zuschauer auf den Tribünen davon nichts, da nur im Innenraum der Blick auf die Projektionen sichtbar ist. Das ist schade, da Zaz ihre Moderationen – bis auf kurze Passagen auf Deutsch – in ihrer Landessprache absolviert. Das ist dann nur etwas für Kenner des Französischen. Es bleibt der einzige Kritikpunkt einer eineinhalbstündigen Show, die von Zaz‘ Präsenz getragen wird. Da ist ihre rauchig-kratzige Stimme, von der man stets vermuten könnte, dass sie wegbricht, die aber immer klar und kräftig bleibt. Dazu springt die 45-Jährige munter auf der Bühne herum, streckt den Arm triumphierend in die Höhe, kreiselt um die eigene Achse, geht in die Knie und liegt schließlich mit dem Rücken auf dem Boden. Bei ruhigeren Stücken setzt sie sich auf das Keyboard-Podest oder auf die kleine Vorbühne. Ja, auch ein paar Balladen gibt es. Zu „Une passerelle vers la mer“ weht ein Vorhang, wie von einer Meeresbrise bewegt, und die Handylichter lassen die Sterne über dem Meer glitzern. „Que des liens“ beginnt Zaz a cappella, der Publikumschor fügt sich zögerlich ein. Besonders gelungen ist das Edith-Piaf-Cover „La vie en rose“: eine spanische Gitarre zum Entrée, später ein Ausflug ins Jazzige mit Kontrabass, hübschen Soli und einer Scatting-Einlage von Zaz. Wunderbar!
Weitere Highlights sind der Gypsy-Swing von „Comme ci, comme ça“, das scheppernde Kneipenklavier im bluesigen „J’imagine que tu sais“, die perlenden Tastenläufe im Titelsong der aktuellen Platte „Sains et saufs“, von der zehn Lieder auf der Setlist stehen. Von dem famosen Paris-Album kommt leider nur Maurice Chevaliers „Paris sera toujours Paris“. In Gedanken hüpft man mit Zaz fröhlich die Champs-Élysées hinunter – Frühlingsgefühle allüberall, wärmende Sonnenstrahlen, die Cafés haben geöffnet und in den Alleebäumen zwitschern die Vögel. Der Folkpop von „Si jamais j’oublie“ erhält alsbald einen treibenden Drumbeat. Bei „On ira“, dem letzten Song vor den Zugaben, haben sich auch längst die Zuschauer auf den Tribünen von ihren Sitzplätzen erhoben und die Oh-Oh-Ohs erklingen aus vielen Publikumskehlen.
Zaz‘ eingängiger, aber nie beliebiger Chanson-Pop sorgt für gute Laune. Für Abwechslung sorgt das eine oder andere E-Gitarren-Solo, Ausflüge in den Rock. Und wenn Zaz richtig loslegt, klingt sie manchmal fast wie ein schnippisch-aufmüpfiges Balg, dem man jedoch nie etwas übel nehmen könnte – wäre da nicht der eigenartige Umgang mit Konzertfotos (siehe Anmerkung unten). Wer die französischen Texte versteht oder sich übersetzen lässt, erfährt von Zaz‘ Botschaften und Geschichten: über Völkerverständigung („On ira“), Konsumkritik („Je veux“), altersmilde Selbstreflexion und Verständnis für fehlerbehaftete Mitmenschen („Je pardonne“) oder Märchenhaftes („La fée“). Die Fans im Saal aber genießen auch ohne Fremdsprachenkenntnisse einen beschwingten Abend mit dem französischen Energiebündel.
Anmerkung: Zaz hat sich vorbehalten, die Fotos des Konzerts vor der Veröffentlichung zu begutachten. Da auch vier Tage nach dem Konzert keine Freigabe erteilt wurde, sind hier Bilder ihres Auftritts in Hannover vom 03.11.2022 zu sehen.



















