Es gibt momentan kaum jemanden im Indie-Pop-Songwriter-Zirkel, der das eigene Verhältnis zur Umwelt und zum Ego musikalisch so scharfzüngig, pointiert, radikal und schonungslos analysiert und kommentiert wie die Berliner Künstlerin Novaa, deren nunmehr bereits fünftes Studioalbum das erste ist, für das sie sich einem Label anvertraut hat. Dass sie dabei obendrein über ein scheinbar unerschöpfliches Potential an musikalischen Mitteln und Ideen verfügt, die sie auch auf diesem Album wieder vollkommen unkonventionell und ohne einen Gedanken an Regeln oder Formate zu verschwenden miteinander zu einer letztlich vollkommen eigenständigen und immer wieder überraschenden Melange kombiniert, zeichnet sie zusätzlich aus.
Auf „Supernovaa“ reicht das von dem einleitenden, als eher klassische Piano-Ballade ausgelegten Titeltrack über die zur Ukulele im Low-Fi-Setting vorgetragene Songskizze „I Lost My Best Friend To A Hit Song“ oder dem swingenden New Wave-Pop der vorab veröffentlichten Single „Carnage“ bis hin zur Voice-Memo vom „10 20 22“ – englisch- und französischsprachige Rap- bzw. Sprechgesangeinlagen in mehreren Songs eingedenk übrigens. Unterstützen ließ sie sich dabei nicht von Studiomusikern, sondern von Freund(inn)en wie Mulay, Ayelle, LIE NING, Emily Roberts, Keke und Louane. Aber kommen wir noch mal zum Inhaltlichen: Auf diesem Album setzt sich Novaa nach eigener Aussage – neben ihrem FLINTA-orientierten Verhältnis zum Musikbusiness – vor allem mit den vielfältigen Facetten und Bedeutungen des Begriffes „Familie“ auseinander, die sie von allen Seiten beleuchtet – gerade auch und weil sie selbst in einer Familie aufgewachsen ist, die sie selbst als dysfunktional bezeichnet. Ihr eigenes Verständnis von Familie umfasst demzufolge nicht nur die nächsten Verwandten, sondern laut Bio auch Dinge wie sich selbst, Freund(inn)en, Lebenspartner(innen), die eigene Wohnung und die Natur umfasst. Um interessante philosophische Konstrukte war Novaa ja noch nie verlegen – aber legen wir uns mal so fest, als dass ihr diese auf „Supernovaa“ vielleicht am schlüssigsten gelungen sind. Auch in dem Sinne, als dass sie sich klaren Antworten verweigert – beispielsweise auf die Frage, in welchem Business sie in dem Song „In The Business“ tätig ist (weil uns das ja nichts angeht).
„Supernovaa“ von Novaa erscheint auf Humming/Membran.