Um da gleich mal mit der Tür ins Haus zu fallen: Die niederländische Songwriterin Robin Kester erschuf mit ihrem zweiten Album „Dark Sky Reserve“ die Dreampop-Scheibe des Jahres. Damit ist nicht so sehr das musikalische Genre gemeint (denn zwischen E-, New Wave-, Psychedelia-, Gainsbourg-Flair und Chamberpop geht da so einiges) sondern die Art, wie sie die Balance zwischen Traum-, Realität- und Utopie nicht nur inhaltlich, sondern auch musikalisch austariert. Der sicherlich aufschlussreichste Song in dieser Hinsicht ist dabei der auch als Singe ausgekoppelte Track „Happy Sad (It’s A Party)“, der den Widerspruch zwischen Melancholia und Euphorie mit einem munter pulsierenden, melancholischen Pop-Song aufgelöst, in dem es um eine Party mit traurigen Ende und der sich daraus ergebenden Entfremdung geht. Ganz nebenbei erzählt sie auch noch davon, dass ihr dieses Thema beim Autofahren gekommen sei.
„Happy Sad (It’s A Party)“ ist dabe einer der vielen attraktiven melodischen Pop-Songs, die den Hörer in den Bann ziehen. Im Zentrum der Scheibe steht indes der Track „Talybont-On-Usk“, der als Folk- und Chamber-Pop-Song beginnt, am Ende aber zu einem Orchestral-Dystopischen Strudel wird, der die erzählende Protagonistin ins psychedelische Nirvana treiben lässt. Das macht Sinn, denn der Song entstand unter dem Eindruck eines Besuches eines winterlichen Stausees im walisischen Ort Talybont-On-Usk. Am Ende der Scheibe finden sich dann aber wieder (selbstverständlich ordentlich ausbalancierte) Pop-Songs wie „Game Sounds“ oder das Whisperfolk-Juwel „Tree Lined Land“.
Entscheidend dabei ist, dass jeder Song ein eigenes musikalisches Mäntelchen trägt und sich über Robin’s einfühlsamen Gesang hypnotisch ins Unterbewusstsein gräbt. Kein Wunder, dass die Gute schon mal mit Natalie Mering (Weyes Blood) verglichen wird. Diesem Eindruck wird auf diesem Album noch Vortrieb geleistet, weil im Hintergrund ein von Bläsern, Streichern und organischen Keyboards getragenes Sounduniversum aktiv ist.
Nachdem sie ein Studium am University College in Dublin absolvierte – und dabei ihre Zuneigung zu irischen und englischen Musiktraditionen entdeckte, arbeitete Robin zunächst von den Niederlanden aus (konnte aber bereits damals Conor O’Brien (Villagers) als Duettpartner gewinnen. Für das neue Album begab sie sich nach Bristol um das Material mit dem Produzenten Ali Chant einzuspielen. Dabei konnte sie auch auf die Unterstützung lokaler Musiker zählen. So spielen etwa Rozi Plain, Adrian Utley, Dan Moore und Ali Chant auf dem Album mit und sorgen für jenen opulenten Klangwolken-Sound, der eben für jene Art von Musik unverzichtbar ist.
„Dark Sky Reserve“ von Robin Kester erscheint auf Memphis Industries.