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Geglückter Neustart
Der Schock war groß, als Ende 2019 der Sänger Matthew Chipchase aus dem Leben schied. Seine Band Young Rebel Set war mit zwei famosen Alben durchgestartet und von Thees Uhlmann für dessen Label Grand Hotel van Cleef für Deutschland unter Vertrag genommen worden. Gleich die erste Single „If I Was“ wurde ein Hit, die Fans strömten in Scharen. Dann das Aus. Ohne ihren charismatischen Vokalisten wollten die Engländer nicht mehr weitermachen. Doch unterschwellig kribbelte es, und als man mit dem Liverpooler Singer/Songwriter Tom Blackwell auf einen passenden Sänger stieß, stand der Entschluss fest, wieder auf Tour zu gehen.
Sechs Jahre sind im Pop-Business aber eine lange Zeit und vergessen wird schnell. Zunächst für das wesentliche größere Musikzentrum gebucht, wurde mit dem Lux schließlich eine deutlich kleinere Location gewählt. Und nicht nur in Hannover scheint sich die Gästezahl auf rund 100 Fans einzupendeln. Das ist schade, tut aber der Spielfreude des Young Rebel Sets keinen Abbruch. Inzwischen haben sie mit „Sun“ eine neue EP eingespielt, und mit dem daraus stammenden „Anchorage“ steigen sie in ihren Gig ein. Ein Song, den sie früher bereits live spielten. Auch die anderen beiden „neuen“ Songs sind eigentlich alte. „Into The Night“ dreht eine kurze Schleife und kommt schnell zur Sache. Ein Gassenhauer. Und „Eleanor, You“, die dritte Ausgrabung, hat riesiges Hitpotential. Zumindest in einer besseren Medienwelt.
Sonst aber sind es eben die Stücke ihres famosen Debüts „The Curse Of Love“ und dessen kaum weniger brillanten Nachfolgers „Crocodile“, mit denen Young Rebel Set den Abend bestreiten. „Show Your Feather & Run“ oder „One Law“ erinnern an Peter Doherty und die Libertines. Hier wünschte man sich den leicht nöligen Schnoddergesang von Matty Chipchase zurück. Tom Blackwells Stimme passt eher zu den poppigeren Stücken, auch wenn er für die rockigeren Songs durchaus rauer zu klingen vermag. Blackwell selbst gibt zu Akustikgitarre und Mundharmonika den Support-Act. Mit der Ausrüstung des frühen Dylan und solidem Folk. Ein aufmerksames Publikum spendet warmen Applaus.
Euphorischer geht es natürlich beim Young Rebel Set zu. Das rockige „Lion’s Mouth“ mit seinem catchy Refrain gewinnt immer, wie auch die trotzige Hymne „Walk On“. „Lash Of The Whip“ könnte auch ein Pogues-Konzert bereichern, „Precious Days“ punktet mit den Laut/Leise-Wechseln, „Tuned Transmission“ beginnt folkig mit Blackwells Akustikgitarre, bevor die Band rockend einfällt. „You stopped me from running“, heißt es in „Another Time, Another Place“, doch die Band prescht munter voran. Andy Parmley sorgt für Druck an der Gitarre, unterstützt vom zweiten Gitarristen Andy Bensley, einem Mitstreiter aus alten Zeiten. Andys Bruder Chris spielt nicht nur Schlagzeug, sondern tritt auch als Lead-Sänger in Erscheinung. Gründungsmitglied Luke Evans am Bass und Danny Allison am Keyboard komplettieren das Line-Up, zu dem Lukes Bruder Mark dieses Mal nicht gehört, da er sich seinem Soloprojekt widmen will. Kein böses Blut, denn die Band hat ihn dabei bereits unterstützt. Blackwell ist ein Frontman, der nicht versucht, Chipchase zu imitieren, aber selbstbewusst seine Rolle einnimmt, samt Ausflug ins Publikum.
Grandios die Zugaben: „Bagatelle“ wird Chipchase gewidmet. Berückend – da muss Andy Parmley gar nicht um Ruhe bitten. „Berlin Nights“ drückt die Verbundenheit mit Deutschland aus. Und „If I Was“ – das kein Cover des Midge Ure-Hits ist – ist Folkpop par excellence. Der Rausschmeißer zum Mitgrölen klingt dann wieder so, als hätte Peter Doherty bei den Pogues angeheuert: „So here’s my heart, and here’s my soul, take them both they’re yours but please be careful they’re as delicate as you.“ Ein schöner Schlusspunkt, der nachklingt auf dem Weg nach Hause. Verbunden mit einem Blick gen Himmel in Gedenken an Matty Chipchase.
























