„Neko Cases unverwechselbare Stimme ist so gewaltig wie ein Canyon“ meint die New York Times. Und Pitchfork meint, dass das neue Werk „vor Ehrfurcht nur so strotze“. Wenn man mal die Unzulänglichkeiten von Übersetzungsprogrammen außer Acht lässt, lässt sich aus diesen blumigen Formulierungen eine ganz andere Aussage reininterpretieren: Nach sieben Jahren Veröffentlichungspause seit ihrem 2018er Album „Hell On“ hat die Grande Dame der gepflegten Americana Kunst offensichtlich so viele Ideen angehäuft, dass sie sich mit ihren gesanglichen wie kompositorischen Ambitionen sozusagen im Canyon der komplex/wuseligen Strukturen ihrer neuen Song-Epen ein wenig verliert. Die reichhaltig orchestrierten, von Tucker Martine durchaus transparent produzierten Stücke sind dermaßen vielschichtig und komplex angelegt, opulent arrangiert und vor allen Dingen jenseits gewohnter Songformate rhythmisch strukturiert, dass es dem Hörer schwer fällt, der Narrative der Künstlerin über die Themen Selbstfindung, das Alter, die Magie, Spinnen und Werwölfe zu verfolgen.
Dabei lohnt sich das durchaus, denn Neko hantiert hier mit einem allegorischen Humor, der etwas Märchenhaftes hat. Es ist nur so, dass man sich angesichts all der Haken, Ösen, Wendungen, Stops und Gos, mit der die Auteurin die Struktur den Texten untertan macht, zuweilen ein wenig Geradlinigkeit wünscht – wie sie sie etwa in der a cappella der Moritat „An Ice Age“ demonstriert – bevor auch dieser Song in orchestraler Grandezza verglüht. Bei all dem Bemühen, die Musik so vielschichtig und facettenreich zu gestalten, kam da einfach zuweilen zu viel Kreativität zusammen. Zeit, dann auch noch Videos zu gestalten, gab es offensichtlich nicht – denn zwar gibt es das ganze Album als Stream auf YouTube – allerdings nur mit dem Standbild des Covers unterlegt.
„Neon Grey Midnight Green“ von Neko Case erscheint auf Anti/Epitaph.




