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Gut aufgehoben
Manche Dinge kann man nur schwer verstehen: Zum Beispiel, dass das ohnehin nicht gerade durch ein großzügiges Fassungsvermögen glänzende Theater in der Kölner Wohngemeinschaft beim Zwischenstopp von Karl die Große in Trio-Besetzung nicht restlos ausverkauft war. Glücklicherweise füllte sich der an diesem Abend seiner Bestuhlung entledigte Saal kurz vor Konzertbeginn dann allerdings doch noch so, dass von einem würdigen Rahmen gesprochen werden konnte. Den hatte der Auftritt von Wencke Wollny, Antonia Hausmann und Katha Lattke nämlich mehr als verdient.
Das lag auch, aber bei Weitem nicht nur an der Vielseitigkeit dieser drei Musikerinnen: Während Wencke neben Gitarre und E-Piano auch mal zur Klarinette griff, wechselte Antonia zwischen Posaune, Keys und Bassgitarre hin und her. Katha wiederum legte ihre Drumsticks zwischendurch für eine Geige beiseite.
Zu Beginn erwartete das Publikum direkt der erste Gänsehautmoment, als Wencke – zunächst alleine und a cappella, dann mit Unterstützung ihrer beiden Mitstreiterinnen – das bewegende „Bau nicht auf mich“ sang, das live um ein ausgedehntes Grunge-Outro erweitert wurde. Wencke unterstrich sofort das, was sich eigentlich längst herumgesprochen haben müsste (sich offensichtlich aber noch immer nicht weit genug herumgesprochen hat), nämlich, dass sie eine der schönsten und wärmsten Stimmen besitzt, welche die hiesige Musiklandschaft zu bieten hat. Bereits mit dem zweiten Song „70 qm“ und den darin zahlreich enthaltenen „Lalalas“ wurde dann aber auch die Mitsingfähigkeit und -bereitschaft des Publikums auf die Probe gestellt, die in Köln geradezu traditionell hoch ist. Sie war im weiteren Konzertverlauf noch das eine oder andere Mal gefragt, etwa in „Heute Nacht“, dem vielleicht offensichtlichsten Hit der Band mit seiner charakteristischen „Jajajajaja!“-Kaskade.
Die Setlist stand – wie zu erwarten war – ganz im Zeichen von „Aufgehoben“, dem jüngst erschienenen, dritten Studioalbum der eigentlich sechsköpfigen Band, wurde jedoch gezielt durch einige Highlights der Vorgängerplatte „Was wenn keiner lacht“ aus dem Jahr 2021 ergänzt. Berücksichtigung fand mit „Der Maulwurf“ aber auch ein Stück von Artur & Vanessa, Wenckes Lockdown-Projekt mit u.a. Moritz Krämer und Francesco Wilking (Die Höchste Eisenbahn).
In den Rap-Parts dieses Songs konnte Wencke ihre ‚Kernkompetenz‘ beweisen, wie sie selbstironisch-augenzwinkernd zu Protokoll gab. Sie stellte damit allerdings durchaus ihr Licht unter den Scheffel, denn ihre Ausflüge in diese Stilrichtung wissen absolut zu überzeugen, selbst wenn es wie in „Niemals Fame“ auch mal ein bisschen alberner wird („Arm wie eine Churchmouse…“) – jedoch niemals ohne ein kleines oder sogar ziemlich großes Quäntchen Ernsthaftigkeit.
Zu den Höhepunkten des Abends zählten auch Songs, die in ihren Studioversionen Duette sind, in der Wohngemeinschaft aber auch ohne prominente Unterstützung hervorragend ankamen: „Dreh Dich nicht um“ (auf dem aktuellen Album mit Gerd Baumann und Sebastian Horn von Dreiviertelblut), „Vom Sonnendeck“ (im Original gemeinsam mit Max Prosa) sowie „Du bist noch nicht da“ (eigentlich ein Duett mit Francesco Wilking). Letztgenanntes Lied war dann schon die erste Zugabe, bevor das Konzert mit „Gefällt“ ein fulminantes, aber irgendwie zu frühes Ende fand.
Abschließend muss noch Platz für ein bisschen Schleichwerbung sein: Im Dezember spielen Karl die Große noch sechs weitere Konzerte als Trio und der eigens für die Crowdfunding-Kampagne zum neuen Album in Anlehnung an den Song „Zerquetschte Tomaten“ produzierte (und inzwischen vergriffene) Bio-Ketchup schmeckt köstlich! Es sollte also ruhig über eine zweite Auflage nachgedacht werden – und über eine Tour in voller Bandbesetzung natürlich sowieso…
























