Dass die kalifornische Band Dawes ausgerechnet mit dem soundmäßig sehr ambitionierten aber songwriterisch verzettelten Album „We’re All Gonna Die“ 2016 in den USA in den Americana/Folk-Charts an die Spitze gelangten, hat das Projekt von Taylor und Griffin Goldsmith (heute den einzigen beiden verbleibenden Mitgliedern – was dann auch den Titel des Werkes markiert) tatsächlich bis heute geprägt. Nachdem 2023 Bassist Wylie Gelber und der langjährige Keyboarder Lee Pardini – wie es heißt – einvernehmlich aus dem Projekt ausgestiegen sind, haben die Goldsmiths das neue Album zunächst mal ganz alleine eingespielt (Taylor an Gitarre und Gesang und Griffin an den Drums) – und dann zusammen mit Tour-Gitarrist Trevor Menear – aber eben ohne bandeigenen Keyboarder – verfeinert bzw. eigentlich verkompliziert. Denn da sind sie wieder die hakeligen Gitarren-Linien, die vertrackt angelegten perkussiven Eigenheiten, die unerwarteten Rhythmus-, Akkord- und Harmoniewechsel, die das Album von 2016 so herausfordernd (und anstrengend) gemacht hatten. Und das, obwohl zwischenzeitlich drei Alben mit einem versöhnlicheren Tenor erschienen waren.
Nun gut: Diese Kritik bezieht sich halt darauf, dass der Zuhörer hier aufmerksam mitarbeiten muss, um auf seine Kosten zu kommen – und darauf, dass mit einem solchen Ansatz ein lockeres, improvisatorisches Jammen natürlich nicht möglich ist, da wirklich jeder einzelne Ton auf diesem Album minutiös geplant, ausgezirkelt und platziert wurde, was der Sache natürlich jeden Anflug von Spontaneität nimmt. Die Sache ist nur die: kompositorisch und songwriterisch haben sich die Goldsmiths dieses Mal dann derart hineingesteigert, dass das konzeptuell alles Sinn macht und es somit auch einen storytellerischen Gegenwert zu dieser Art von musikalischer Planwirtschaft gibt. Die Bereitschaft als Hörer mitzuarbeiten also vorausgesetzt, bietet also dieses neue – im Gefrickel irgendwie auf das Wesentliche verdichtete – Album wieder Lohnenswertes. Es mag entweder Zufall oder Teil der Strategie sein: Aber die am nickeligsten verkomplizierten Tracks befinden sich am Anfang der Scheibe. Die zweite Hälfte ist wesentlich versöhnlicher (und konventioneller) angelegt und enthält mit dem sechseinhalb Minuten langen Epos „King Of The Never-Wills“ ein einfühlsam/emotionales Kernstück des Albums, das auch ohne Mitarbeit für die Zuhörer ohne Weiteres zugänglich ist. Und mit der abschließenden Piano-Ballade gibt es dann sogar einen absolut versöhnlichen Abschluss mit geradezu „beatleesquer“ Note.
„Oh Brother“ von Dawes erscheint auf Dead Ringers/Cargo.