Holly Coles erklärtes Ziel ist es, sich mit jeder Scheibe neu zu erfinden – sowohl als Stil-Ikone, wie – wenn möglich – auch musikalisch. Dazu gehören neben immer wieder neuen (oft selbst kreierten) Outfits und Frisuren auch stets wechselnde musikalische Themen. Dass sie sich auf ihrer neuen Scheibe nun entschloss, ganz in Sachen verruchter Jazzclub-Chanseuse zu machen, ist nur auf den ersten Blick ein Rückschritt. Denn obwohl die Journaille sie – wohl mangels entsprechender eigener Schubladen – immer schon als Jazzerin abheftete, sah sie sich selbst niemals so eng. So fanden sich auch immer Spuren von Folk, Pop, Blues, Gospel, Chanson oder Soul in ihrer Musik.
Das selbstbetitelte „Holly Cole“ bietet da nicht wirklich eine Ausnahme – nur wurde dieses Mal alles auf die Möglichkeiten einer klassischen Jazz-Combo in Form einer kleinen Big Band mit Bläsern ausgerichtet. Wie stets bewies die Kanadierin ein sicheres Händchen bei der Auswahl der Stücke: Die bloße klassische Repertoire-Pflege zum Selbstzweck hat ihr schließlich noch nie gelegen (immerhin gibt es eine ganze CD mit Tom Waits Coverversionen von Holly). Und wenn das Standard-Songbook einmal herhalten muss, dann muss das einen musikalischen Grund haben, wie z.B. wie hier, im Falle von Jobims „Waters Of March“, das sie auf sehr eigenwillige und innovative Weise dekonstruiert – ohne dabei den Charme dieses technisch sehr anspruchsvollen Titels zu mindern. Dazu gibt es einfühlsame Arrangements Gil Goldstein, die in Zusammenarbeit mit Holly Cole erarbeitet wurden. Dies zahlte sich insofern aus, als dass es Holly so leichter fiel, ihre zweifelsohne ganz eigene Note ins Spiel zu bringen. Mit „Holly Cole“ hat Holly zweifelsohne eine neue Facette ihrer selbst herausgearbeitet. Eine Facette, die vielleicht weniger spektakulär sein mag, als manche der Vorgängerversionen, aber eine, die letztlich wunderbar passt und letztlich auch Sinn macht.
„Holly Cole“ von Holly Cole erscheint auf Tradition & Moderne/Indigo.