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Teestunde
Kurz vorab: Hierbei handelt es sich nicht um einen üblichen Konzertbericht, sondern eine Berichterstattung über Quarantäne-Konzerte im Rahmen der andauernden Corona-Situation.
Dass die Corona-Krise insbesondere reisende Musiker weitestgehend auf dem falschen Fuß erwischt hat, dürfte sich ja zwischenzeitlich herumgesprochen haben. Eigentlich residiert die kanadische Songwriterin Sherri Sister Speak Anne ja in Kalifornien – befand sich jedoch gerade an der kanadischen Westküste als die Sache losging und streamt demzufolge ihre Version der Quarantine-Concerts als „Back Porch Sessions“ von der Terrasse im heimatlichen Victoria (der auf Vancouver Island gelegenen Hauptstadt der Provinz British Columbia) – und zwar in Form von Teestunden, denn bei jeder Show trinkt sie eine Kanne Tee der lokalen Firma Jagasilk, die sie als Sponsoren für die Konzertreihe gewinnen konnte. Im Fall der letzten Show vom 23.04.2020 war dieses zum Beispiel die Sorte „Gyokuro Reserve“, deren Vorzüge sie mit einem Repräsentanten von Jagasilk auch während der Show diskutierte.
Da Sister Speak zu den Musikerinnen gehört, die sich hauptsächlich über ihre Live-Shows präsentieren (zum Beispiel hat sie gerade auch eine Live-Scheibe veröffentlicht), ist die Sache mit den Live-Streams natürlich eine Herzensangelegenheit. Es geht ihr hierbei also nicht darum, musikalische Repertoirepflege zu betreiben, sondern vor allen Dingen mit ihren Fans und auch ihren Kollegen in Kontakt zu bleiben. Da Sherri auch in unseren Breiten öfter unterwegs ist, ist sie dabei auf die Idee gekommen, die musikalischen Teepartys in einen Slot am Donnerstag für die europäischen und einen am Samstag Abend für die amerikanischen Fans aufzuteilen. Ein weiterer wichtiger Bestandteil – neben den präsentierten Songs – ist dabei die Kommunikation mit den Fans aus der ganzen Welt und Interviews mit telefonisch zugeschalteten Kollegen (in dem Fall Drummer Mike Diggs, mit dem sie eine spontane „Drum-Session“ initiierte) und Jagasilk. Und schließlich gibt es am Ende der Shows anstelle eines bloßen „Shout Outs“ (= der Begrüßung zugeschalteter Fans) eine improvisierte Dance Party zu der Sherri dann mit eingespielten Dance-Tracks einlädt.
Überhaupt ist die Beteiligung des Publikums während der einstündigen Shows ein zentraler Bestandteil der Shows. Nicht nur, indem Sherri die Fans während der Show begrüßt, sondern zum Beispiel auch bei Songs wie dem Blues „Crush“ auffordert, daheim den Solo-Part zu übernehmen – oder aber doch zumindest mitzusingen. Das Programm besteht für gewöhnlich aus den Tracks ihrer EP „The Stand“, die für gewöhnlich alle gespielt werden, der Songs ihrer LP „Rise Up For Love“ und der Live-LP und einigen neuen Songs. Nun ist das so, dass insbesondere die Tracks von „The Stand“ mit einigem Aufwand produktionstechnisch aufgepimpt wurden – was Sherri dann zu der Aussage veranlasste, dass es doch ganz schön schwierig sei, die Songs akustisch herunterzubrechen. Aber es geht bei diesen Shows ja nicht darum, musikalischen Feinsinn zu demonstrieren, sondern gemeinsam eine gute Zeit zu haben – und dieses Ziel erreicht Sherri mühelos – und da kommt es auf den einen oder anderen unegalen Moment nicht an.
Zu den Highlights gehören demzufolge schlecht auch Sherris beste Stücke wie etwa „Walls“ (ein Song, der in Peru entstand und nach der Rückkehr nach L.A. mit nur einer Stunde Schlaf als Motivation in Form gebracht wurde) und natürlich auch „NY Sunrise“, eines ihrer einfühlsamen Städteportraits das für gewöhnlich zum Ausklang gegeben wird. Die Serie wird bis auf weiteres mit Shows am Donnerstag 22 Uhr unserer Zeit (für die europäischen Fans) und Samstagnachts für die amerikanischen Fans fortgesetzt.