Wurde hier bei der Will Oldham Rezension noch an Tom Waits‘ Zurechnungsfähigkeit gezweifelt, so überrascht der Meister einen Monat später mit einer unglaublich homogenen und überzeugenden Platte. Auf „Mule Variantions“ schlägt Waits einen gigantischen Bogen durch sein gesamtes Schaffen und kehrt gleichermaßen zu seinen Wurzeln zurück wie er sich zudem weiter entwickelt. Der Titel des Albums bezieht sich auf einen Ausspruch des Vaters des Blues-Pioniers Robert Johnson („Der Junge ist so ungeduldig, daß er morgens nicht hinter den Esel will, um zu pflügen.“). Ein komplexer Verweis auf die Wurzeln des Blues und Waits‘ Persönlichkeit. Das Ergebnis – eine ausgewogene Mischung aus typischen, grandiosen Waits-Balladen, Blues-orientierten Schmirgelsongs, Krach-Element- Experimenten, Jazz-Fragmenten – überzeugt zu jeder Zeit mit traumwandlerischer Sicherheit im Abschluß. Waits erweist sich hierbei als Meister der Reduktion – weniger ist mehr. Krönung des Projekts ist der Song „Chocolate Jesus“ – im Hof des Studios aufgenommen, mit Tambourine, Banjo, Baß und Naturgeräuschen – und doch soviel intensiver als manche 100-spurige Studioaufnahme.
„Mule Variantions“ von Tom Waits erscheint auf Epitaph.