Nachdem man diese Scheibe gehört hat, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, daß alle vorhergehenden Madder Rose-Scheiben und auch Marys erste Saint Low Geschichte bloße Fingerübungen gewesen sind. Nicht umsonst erscheint diese CD unter dem Namen Mary Lorson & Saint Low – denn obwohl 16 Musikanten aufgeführt werden (darunter Evan Dando, der ein ziemlich mißratenes Solo beisteuert), ist dennoch Mary der Kapitän an Bord. Mittels eines geschickt gruppierten Kammer-Rock Ensembles (plus Gitarre plus Keyboard plus Bläser) baut Mary eine Klangwelt auf, die in ihrer unaufdringlichen Logik ihresgleichen sucht und dennoch nur dazu zu dienen scheint, Marys Stimme Raum zur Entwicklung zu geben. Das Stichwort hierzu ist „organisch“ – im Gegensatz zu „technisch perfekt“. Das gilt sowohl für die erstaunlichen Rock-Kompositionen, wie auch die abgefahreneren, jazzigen Elaborate. Das muß allerdings in diesem Fall als dicker Pluspunkt gewertet werden, denn somit kommt eine ungemein warme Atmosphäre zustande, die einen Konzertvortrag näher kommt, als einer ausgefeilten Studioproduktion. (Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen: Das ist eine Wohnzimmer-Produktion). Daneben gelingt es Mary endlich einmal diese Songs zu schreiben, die man sich immer schon von ihr gewünscht hätte – solche mit klarer Struktur, memorablen – z.T. traumhaft schönen – Melodien und vielen kleinen Details, die die Sache umso spannender werden lassen. Mit diesem Album etabliert sich Mary eindrucksvoll in der Riege derjenigen, die klangtechnisch größeres vorhaben (Tindersticks, Cousteau etc.) – und sie ist die einzige Frau, die so was macht!
„Tricks For Dawn“ von Mary Lorson & Saint Low erscheint auf Cooking Vinyl/Indigo.
