Die Legende bebt: Mit „Dreaming Neon Black“ (’99) und „Dead Heart In A Dead World“ (’00) hatten Nevermore der Welt gezeigt, dass es auch außerhalb von Fusion-Experimenten die Kombination von Heavy Metal, unvergesslichen Melodien und anspruchsvoller Komplexität geben kann – und das sogar noch erfolgreich. Der mit Spannung erwartete Nachfolger „Enemies Of Reality“ nun lässt keinerlei Realitätsfeindlichkeit oder -verlust erkennen, im Gegenteil: Im Vergleich zu den beiden vorgenannten, wirklich in jede Heavy Rock-Sammlung gehörenden Meilensteinlein ist das 2003er Album etwas wütender und dadurch unverbindlicher ausgefallen. Schon das eröffnende Titelstück mit tiefergelegtem, bösem Groove kommt wenig einschmeichelnd daher, und „I, Voyager“ wird aktuelle Radiokost gewöhnte Sackhosenkids vermutlich sogar zu Tode erschrecken.
Aber da ist noch die andere, zartere Seite der schweren Jungs aus Seattle, wie sie sich in „Tomorrow Turned Into Yesterday“ oder „Who Decides“ abmalt. Ex-Queensryche-Mitglied Kelly Gray hat produziert, wohl auch deswegen gibt es bei den Balladen und bei Noumenon wieder Reminiszenzen an die auch gerade aus Ruinen auferstandenen Mindcrime-Legendenbildner. Sehr empfehlenswert.
„Enemies Of Reality“ von Nevermore erscheint auf Century Media Records.