Platte der Woche KW 50/2003
Ein wenig seltsam ist es ja schon – aber dieser dritte Teil von Ryan Adams Veröffentlichungs-Overkill schafft es tatsächlich, die Freunde des alten (countryesken) und des neuen (Rock’n’Rollenden) Ryan zusammenzuführen. Hier gibt es nämlich jene ausformulierten Songs, die z.B. „Pt. 1“ vermissen ließ – aber mit eben jener atmosphärischen Dichte dieser EP. Die Songs, die dann rockiger geraten sind, sind aber längst nicht so wüst, wie jene des „Rock’n’Roll“-Albums. Ryan arbeitet hier gleich mit zwei Bands – eine aus New York, eine aus New Orleans und zusätzlich diversen Gastmusikern – darunter z.B. die Virtuosen Joe McGinty und Greg Leisz. Daneben kann er es sich leisten, Marianne Faithfull als Harmonie-Sängerin zu beschäftigen (was für einen als EP konzipierten Tonträger ja fast schon anmaßend erscheint) und bei einem der beiden für Europa zugefügten Bonus Tracks sogar erfolgreich und glaubwürdig in Richtung Velvet Underground zu marschieren. Im wesentlichen ist das Zentrum dieser Scheibe aber wieder jener sortierte, aber dennoch experimentierfreudige Ryan Adams, der er auch auf „Gold“ war. Insofern ist eigentlich dieser Tonträger – jedenfalls in der vorliegenden Form – der eigentliche, heimliche Nachfolger dieser CD. Letztlich beweist Adams mit seinem aktuellen Triptychon aber vor allem, dass sich musikalische Fruchtbarkeit und Qualität selbst dann nicht auszuschließen brauchen, wenn die Plattenfirma quasi danach verlangt. („Love Is Hell“ als Album wurde abgelehnt). Adams ist einer jener wenigen Künstler, in die man als Fan bedenkenlos seine Zähne hineinschlagen kann, ohne das Gefühl haben zu müssen, jemanden totzubeißen. Der hat sein Pulver noch lange nicht verschossen!
„Love Is Hell Pt. 2“ von Ryan Adams erscheint auf Lost Highway/Universal.