Das Problem des Bluegrass ist, dass sich – abgesehen vom Tempo – seit vielen Jahrzehnten eigentlich nicht viel getan hat in diesem Genre. Deshalb verdienen sich Split Lip Rayfield schon deshalb Respekt, weil es ihnen gelingt, ihren hörbar auf klassischem Bluegrass basierenden Songs einen zeitweise etwas moderneren Anstrich zu geben – und das nicht nur, weil der Ein-Saiten-Bass von Jeff Lipton früher mal der Tank eines 1965er Ford gewesen ist! Anders als bei ihren punkigeren Liveshows, die daheim in Kansas legendären Status genießen, ist das Tempo auf „Should Have Seen It Coming“ streckenweise geradezu bedächtig, doch das aus gutem Grund. Gerade die langsameren Songs mit ihren zurückgenommenen Arrangements lassen nämlich viel Platz für wunderbaren Harmoniegesang, der neben den unbestrittenen Picking-Künsten der Musiker hier der große Pluspunkt ist. Ein Album, mit dem der Vierer gleichzeitig nach vorn und zurück zu schauen scheint. Interessant!
„Should Have Seen It Coming“ von Split Lip Rayfield erscheint auf Bloodshot Records/Indigo.