Als einer der letzten großen Bandleader aus den 60s hat sich Ray Davies auf Solo-Pfaden sicherlich mit am Besten geschlagen. Wohl auch deswegen, weil er relativ spät damit begann (die neue Scheibe ist erst seine zweite CD unter eigenem Namen und die erste mit neuem Material) und weil er sich dann jetzt auch selbst treu blieb und eben nicht versuchte, ohne Band neue Gefilde zu betreten. Und es zeigt auch, wie sehr Ray Davies eigentlich The Kinks war. Die neue Scheibe hat darüber hinaus einen Titel, wie er treffender nicht sein könnte. Denn was macht Ray Davies in seinen Songs schließlich anderes als die Leben anderer Leute in sympathisch verquere Songs zu verpacken? Musikalisch arbeitet er dabei mit den bewährten Mitteln: Da sind auf der einen Seite die altmodisch anmutenden, typisch britischen Beatsongs mit dem gewissen Schuss Vaudeville, mit dem der Muswell Hillbilly immer auch der Tradition huldigte und da ist auf der anderen Seite die jeweils angesagte Spielart des Rock. (Immerhin gelten die Kinks mit als Erfinder des modernen Hardrock-Riffs.) Gerade letzteres sorgt dafür, dass diese Scheibe jenseits jedweder Sentimentalität einschlägt, sondern einen Musiker zeigt, der immer noch von innen her brennt. Obwohl die neue Scheibe stilistisch keineswegs einheitlich ist, klingt sie so doch bemerkenswert frisch, lebendig und unverbraucht. In puncto Ausstrahlung und Energie können sich selbst angesagte Brit-Popper noch eine Scheibe davon abschneiden. Inhaltlich öffnet sich Davies dabei den Erfahrungen, die er bei seinen Amerika-Reisen gemacht hat – das ist jedoch eher eine Randnotiz: Im Zentrum stehen nach wie vor Underdogs und Working Class Heroes. Nachdem eine Re-Union der Kinks aufgrund des Schlaganfalles, den Dave Davies erlitten hat, unmöglich geworden ist, trägt Ray Davies mit „Other People’s Lives“ deren Erbe nun mehr als würdig ins aktuelle Jahrtausend.
„Other People’s Lives“ von Ray Davies erscheint auf V2/Rough Trade.