Mit „Pull The Strings“ kehrt Sandy Dillon (nach der für viele überraschenden Elektronik-Scheibe „Nobody’s Sweetheart“) wieder zu ihren musikalischen Wurzeln zurück. Die Frau mit der kaputten Stimme nähert sich hier mehr denn je ihrem großen musikalischen Vorbild Tom Waits an. Kein Wunder, denn produziert wurde das neue Werk von David Coulter, der schon für Waits „Black Rider“-Projekt verantwortlich zeichnete. Deshalb aber einfach zu behaupten, Sandy Dillon 2006 klänge wie ein weiblicher Tom Waits, wäre unfair. Zwar klingen einige Arrangements tatsächlich mindestens so abenteuerlich, wie das, was der Meister zu seinen Knochenklöppel-Zeiten produzierte – allerdings stets auf Dillon-spezifische Art. Zusammen mit einigen Gleichgesinnten (Ralph Carney, der auch mal bei Waits spielte, Larry Love von Alabama 3 und Ray Majors von Mott The Hoople) schuf Sandy hier eher einen Gegenentwurf zur Wait’schen Klangwelt. Denn einerseits klingen einige ihrer Tracks noch zerrissener als üblich, während es auf der anderen Seite geradezu versöhnliche, sanftmütige und sparsam arrangierte Balladen zu hören gibt. Diese Inseln der Ruhe im ansonsten nervenzerfetzenden Geschehen bilden auf der neuen Scheibe ein interessantes Gegengewicht zum allgegenwärtig rauen Schrammelblues – ohne dabei freilich in Schönklang auszuarten: Bösartig, bedrohlich und düster klingen auch Sandys musikalische Liebesbriefe noch. Sandy Dillon – das ist eine Künstlerin mit mehr Ecken und Kanten als manch zerklüftete Felsenküste zu bieten hat%3B jemand, der eine eigene Vision hat, mit dem man sich auseinandersetzen kann und der etwas bietet, was über den bloßen Moment hinaus zu wirken imstande ist. Neben Waits, Johnny Dowd und Captain Beefheart ist Sandy zweifelsohne eine der großen Vertreterinnen ihrer Zunft.
„Pull The Strings“ von Sandy Dillon erscheint auf One Little Indian/Rough Trade.