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Geschichtenerzähler par excellence
Ziemlich leer war es an diesem Abend im Duisburger Hundertmeister, doch dafür war das „richtige“ Publikum da: Nicht irgendwelche Hipster nämlich, die unverbindlich auschecken wollten, was Jason Collett abseits des Broken Social Scene-Hypes als Solist so alles kann, sondern Menschen, die wissen, dass Collett auf Solopfaden ein ganz ausgezeichneter Singer / Songwriter alter Schule ist. Ein Publikum also, das sich eher an den Stehtischen am Rande des Saals postierte, anstatt vor der Bühne die ersten Reihen zu bevölkern.
Jason Collett nahm das allerdings mit Humor und „bedankte“ sich lächelnd für den breiten Graben zwischen Band und Publikum: „Das gibt mir genug Raum, wenn ich im weiteren Verlauf des Konzertes meine Breakdance-Performance durchziehe.“ Solche Gimmicks brauchte der Kanadier natürlich nicht, denn neben seiner ausgezeichneten, weil traumhaft eingespielten Backingband Paso Mino hatte er auch jede Menge Songs im Gepäck, mit denen er das Publikum zu verzaubern wusste. Folk-Zeugs wie „These Are The Days“, sommerliche Pop-Ohrwürmer wie „We All Lose One Another“, indierockigere Momente wie „I’ll Bring The Sun“ oder abgehangene Country-Rocker wie „Pavement Puddle Stars“.
Doch auch wenn diese Nummer als letztes Lied auf der Setlist stand, war noch lange nicht Schluss. Collett kam nämlich nur mit der Akustikklampfe bewaffnet zurück, um alleine weiterzumachen. Eigentlich hatte er nur geplant, ein, zwei Songs solo zu spielen, aber er hatte so viel Spaß, dass daraus gleich ein halbes Dutzend wurde. Woher er die Songs nahm, ist dagegen nicht ganz klar. Ein Großteil davon ist jedenfalls auf seinen beiden Alben als Solist nicht zu finden. Dabei war sein Vortrag als waschechter Folkie und Storyteller alter Schule eigentlich das Highlight eines an Höhepunkten wahrlich nicht armen Konzertes, und das nicht nur, weil er mit seinem abgewetzten Anzug, dem Wuschelkopf, dem gen Boden gerichteten Gitarrenhals und der Körpersprache – bewusst oder nicht – mehr als einmal den frühen Bob Dylan originalgetreu imitierte.
Mit der Broken Social Scene war er derweil zwar qualitativ auf Augenhöhe, stilistisch war er dagegen – anders als seine viel mehr im Hier und Jetzt verankerte Band – eher am klassischen Sound der 60er und 70er interessiert und an den nicht zuletzt oft amüsanten und stets kurzweiligen Geschichten, die er zu erzählen hatte. Wie die von seiner Highschool-Liebe (Chrystal hat sie wohl geheißen), vom Doperauchen auf dem Schulparkplatz und einem feuergefährdeten Polyesterpullover (ja, das hing alles irgendwie zusammen!), mit der er ganz zum Schluss „Almost Summer“ einleitete.
Nach dem Konzert erzählte er noch, dass er es kaum abwarten könne, bis in Berlin und beim Immergut auch seine Broken Social Scene-Kolleginnen Leslie Feist und Amy Millan dabei wären. Dann würde es richtig gut. Er meinte wohl eher: Noch besser, denn schon das Konzert in Duisburg war einfach fabelhaft.