Kassin ist eine legendäre Gestalt in der brasilianischen Szene. Als Produzent betreute er Marisa Monte und Bebel Gilberto und unter Musikern gilt er als Avantgarde-Supermann. Dieses neue Projekt ist dabei weit weniger futuristisch ausgelegt, als der Name vermuten ließe. Es ist – so Kassin – vielmehr eine heimliche Hommage an seine Plattensammlung. Unterstützt unter anderem von Sean O’Hagan von den High Llamas und John McIntire schuf er hier ein Album zwischen Indie-Ästhetik, altmodischen Pop-Elementen, einer Prise Blues und natürlich Bossa-Einflüssen, die nicht dominieren aber auch nicht verleugnet werden. Das „+2“ im Namen des Projektes steht dafür übrigens für Moreno Voleso und Domenico Lancellotti, die zusammen mit Kassin ein loses Bandgefüge bieten – was dazu führt, dass zusammen mit Kassins Ohr für einen natürlichen Sound auch ein bemerkenswert organisches Album herausgekommen ist, das – trotz aller Studiotricks – streckenweise wie eine Live-Aufnahme wirkt. Wie sich das für brasilianische Musiker gehört, agiert das Trio zudem auf einem technisch ausgesprochen hohen Level. Wer Indie-Attitüde mag, sich für interessante bis waghalsige Stilkombinationen auf Pop-Basis interessiert und damit leben kann, dass hier (bis auf die Beiträge der Gastmusiker) ein Mal nicht englisch, sondern portugiesisch gesungen wird, der dürfte an diesem Werk seine Freude haben.
„Futurismo“ von Kassin +2 erscheint auf Luaka Bop/Rough Trade/Cooperative Music.