Platte der Woche KW 19/2008
Das Phänomen aus der oberbayrischen Provinz meldet sich zurück: The Notwist. Kaum einer deutschen Band ist es wohl in 20 Jahren Bandgeschichte gelungen, sich stets neu zu erfinden und doch immer irgendwie geerdet zu sein. Man sollte es einmal ganz klar sagen: Wir haben guten Grund, dieser Band dankbar zu sein, dankbar dafür, dass sie es war, die einer Menge engstirniger Indienerds Ende der 90er beibrachte, dass Indierock und Elektronik sehr wohl zusammenpassten. Insofern darf man das Album „Shrink“ von 1998 samt Überhit „Chemicals“ sehr wohl als musikhistorische Zäsur betrachten. Doch dies soll kein Nachruf werden, vielmehr gibt es nach einer gefühlten Ewigkeit ein neues Album der Weilheimer mit dem schönen Titel „The Devil, You + Me“ zu vermelden.
Wie immer machen es sich die Acher-Brüder und Kollege Kretschmann sich selbst und dem Hörer nicht leicht. Kommerziell wäre es vielleicht clever gewesen an das erfolgreiche Album „Neon Golden“ anzuknüpfen, aber auf dem neuen Output steht stattdessen die Gitarre plötzlich wieder im Vordergrund und man wundert sich zunächst. „The Devil, You + Me“ ist ein unscheinbares, zunächst unspektakuläres Meisterwerk, das sich erst dem geduldigen Hörer erschließt und definitiv nicht zur Untermalung des Geschirrspülens, Putzens oder ähnlich banaler Tätigkeiten geeignet ist. Achers Stimme ist gewohnt brüchig, die Elektronik vergleichsweise sparsam und eine seltsame Melancholie durchzieht dieses Album. Wenn man in zehn Jahren über The Notwist schreibt, wird man „The Devil, You + Me“ vielleicht mit Nada Surfs zweiten Album „The Proximity Effect“ vergleichen, denn auch dessen Bedeutung wurde im Jahr des Erscheinens von den wenigsten erkannt.
„The Devil, You + Me“ von The Notwist erscheint auf CitySlang/Universal.
