Zu versuchen, die großen Bertholinis mit der normalen Nomenklatur der Popmusik zu vereinbaren, ist, als versuche man mit einem Thermometer die Geschwindigkeit zu messen. Man wird zwangsläufig scheitern. Die ungarischen Musikanten mit dem Ruch der Zirkusluft haben all dem, was sie bereits auf ihrem Debüt an torkelnden Unwägbarkeiten präsentierten, auf dem neuen Album sogar noch einen Schuss Prog-Rock-Ästhetik hinzugefügt. Will meinen: Das taumelt immer noch alles in der Art etwa eines slawischen Tom Waits halb schräg durch die Gegend – mit Blaskapelle, Akkordeon, Banjo und Balalaika – es kommen aber noch komplexe Wendungen, Haken und Ösen hinzu, die der ganzen Melange den Anschein der Seriosität verleihen. Es macht freilich immer noch Spaß, den acht Musikanten des Familienunternehmens zuzuhören – aber man demonstriert mit dem neuen Werk auch irgendwie, dass man es ernst meint und nicht bloß als obskurer Treppenwitz der Musikgeschichte gesehen werden möchte. Dass es den Jungs dabei auch noch gelingt, regelgerecht zu rocken, muss ihnen hoch angerechnet werden. Irgendwie, so scheint es, bekommen die Great Bertholinis einfach alles unter einen Hut.
„Gradual Unfolding Of A Conscious Mind“ von The Great Bertholinis erscheint auf Hazelwood Vinyl Plastics/Rough Trade.