Die Kreatur, die Laura Marling auf dem dritten Album besingt, ist wohl sie selbst. Nicht nur musikalisch ist das neue Werk der smarten Britin ein gewaltiger Schritt nach vorne. Mit einer für Songwriterinnen bemerkenswert selbstkritischen Haltung beleuchtet sie hier verschiedene Beziehungs-Aspekte – wobei interessanterweise nicht einfach dem männlichen Gegenpart die Schuld an irgendwelchen Zuständen aufoktroyiert wird. Dass sie dabei noch kreativ und poetisch mit der Sprache umgeht, ehrt sie zusätzlich. Es sind dann freilich die musikalischen Treatments, die bei dieser Scheibe vor allen Dingen aufhorchen lassen. Was ist das eigentlich? Folk? Jazz? Rock? Pop? Irgendwie gibt es da von allem etwas – jedoch nie in üblichen, gewohnten oder gar erwarteten Bahnen. Geradlinige Songs zu schreiben war noch nie Lauras Ding – hier fährt sie aber ganz schweres Geschütz auf (nur im übertragenen Sinne, denn die Arrangements sind alle federleicht). Vergleiche wie „die neue Joni Mitchell“ nutzen dann nix mehr: Das, was Laura Marling hier bietet – oft akustisch orientiert, mit Zutaten wie Bläsern oder Banjos, mal offensiv, mal intim, aber immer überraschend, anspruchsvoll, komplex -, ist zu einer ganz eigene musikalischen Nahrungsmittelklasse herangereift. Und wir erinnern uns: Laura war gerade mal 17, als sie 2007 auf der Szene aufschlug. Eine solch immense musikalische Entwicklung in gerade mal drei Alben lässt andere (zum Beispiel jene, die zeitgleich mit ihr starteten) ganz schön alt aussehen. Wer wissen möchte, wie man heutzutage intelligentes, folkbasiertes Songwriting betreiben sollte, der muss sich bloß mal diese Scheibe als Blaupause vornehmen.
„A Creature I Don’t Know“ von Laura Marling erscheint auf V2/Universal/Cooperative Music.