Kaum zu glauben, aber nach dem Mammut-Programm anlässlich ihrer letzten Scheibe (im Rahmen derer sich die liebe Schwedin gleich mehrfach neu positionierte) und dem Umzug nach New York war die normalerweise hyperaktive Anna Ternheim tatsächlich erst mal ausgepowert. Hinzu kam die – eigentlich vollkommen unbegründete – Angst, nicht gut genug Gitarre spielen zu können. (Das Piano mag sie wohl eh nicht mehr.) Es folgte also eine Phase der Neufindung, in der Anna auch immer wieder übte, Gitarre zu spielen. Schließlich geriet sie an den New Yorker Indie-Impresario Matt Sweeney, der sogleich das Potential des neuen Materials erkannte, mithalf, dieses auf die Beine zu stellen und sie auch gleich – zusammen mit ein paar Freunden (Will Oldham oder Cowboy Jack Clement etwa) – in das Nashviller Studio von Dave Ferguson, Johnny Cashs Toningenieur schleppte, um das Material dort einzuspielen. Heraus kam dabei in etwa das Folk-Album, das die Fans von Anna eigentlich schon seit längerem erwartet hätten. Jedenfalls ist das Werk sehr viel zurückhaltender inszeniert als ihre bisherigen Scheiben – auch wenn sich im Detail nach und nach immer mehr Ebenen entschleiern, die nahe legen, dass sich die Songwriterin Anna Ternheim eigentlich gar nicht so sehr verändert hat. Das neue Album ist also erst mal leise und ruhig – allerdings wäre Anna nicht Anna, wenn sich nicht auch hier wieder wunderschöne, melancholische Melodien eingeschlichen hätten, die indes in diesem akustischen Setting gar nicht so aufdringlich im Mittelpunkt stehen. Eine Pop-Scheibe wie das letzte Album ist „The Night Visitor“ zweifelsohne nicht. Es ist aber auch keine depressive Schlaftablette geworden, sondern das Werk einer Künstlerin, die im Grunde genommen gar nicht viel Tamtam braucht, um ihre Botschaft an den Mann zu bringen.
„The Night Visitor“ von Anna Ternheim erscheint auf Universal.