Popmusik ist in den meisten Fällen leichte Kost, die auf unaufgeregte Arrangements, große Melodiösität und eine überschaubare Instrumentierung setzt. Sie kann aber auch, wie im Fall von der Zusammenarbeit zwischen David Byrne und St. Vincent, einem weitaus größerem Anspruch gerecht werden und sich in Sachen Form und klanglicher Entfaltung zu etwas wahrlich Großem aufschwingen. „Love This Giant“ ist ein Beispiel dafür, dass zeitgenössische Popmusik ruhig etwas mehr riskieren darf. Erst recht, wenn zwei solch Ausnahmekünstler wie David Byrne und Annie Clark dahinterstecken. Bereits in der Vergangenheit beschnupperten sich beide bei Studio-Aufnahmen zu Byrnes Album „Here Lies Love“ oder auch Live-Shows wie der „Dark Was The Night“ Benefizveranstaltung oder Clarks „American Songbook“ Show.
Auf „Love This Giant“ mündet dieses erneute Aufeinandertreffen in einem gemeinsamen Nenner ihres jeweiligen musikalischen Terrains. Ex-Talking-Heads-Frontmann Byrne und Gitarren-Virtuosin St. Vincent teilten sich nicht nur das Songwriting, sondern auch die Arbeit am Mikrofon und harmonieren spürbar miteinander. Die insgesamt zwölf Songs, die allesamt auf Bläser-Arrangements basieren, sind ein Dutzend klangliche Freigeister, deren Charaktere unterschiedlicher kaum sein könnten. Ob zurückgenommen („Dinner For Two“), lebendig und funkelnd („Weekend In A Dust“) oder rhythmisch vielschichtig („Lazarus“) – aus ihrem Wesen spricht der Drang, Blasmusik im Popmusik-Zeitalter modern zu interpretieren. Dies gelingt beiden Künstlern ganz unverkrampft und meisterlich auf ihrer bunten, breit gefächerten und ganz eigenen Reise durch ein vermeidlich klassisches Gefilde, das am Ende nicht im Geringsten verstaubt wirkt.
„Love This Giant“ von David Byrne & St. Vincent erscheint auf 4AD/Indigo/Beggars Group.