Der Mann aus dem Staate Mississippi hat einiges zu bieten, aus dem sich das Garn von Legenden flechten ließe: Als Kind in die Familie des legendären William Faulkner adoptiert, aufgewachsen in Tupelo, nach einer Medikamentenabhängigkeit, in die er geraten war, weil sein Autismus als Kind nicht diagnostiziert war, eingesperrt und schließlich auf die Straßen von Memphis entlassen, wo er seine Rettung in der Musik fand, bevor er dann schließlich in San Francisco an Heroin geriet und nur knapp dem Tode entrann. Keine Frage: Egal, welchen Ansatz Murry gewählt hätte – so etwas schlägt sich natürlich in eigenen Songs irgendwie nieder.
Unter der Regie seines Fans Michael Timmins von den Cowboy Junkies gelang Murry in Toronto auf dieser neuen Scheibe ein erdiges, brutal offenes Portrait seiner selbst, das durch einen vollkommen unsentimentalen musikalischen Ansatz und einen erdigen, ungeschönten und auf hinreißende Weise abenteuerlichen Sound seinen kongenialen musikalischen Konterpart findet. Dass so jemand mit brüchig/kehliger Stimme singt und nichts von glattpoliertem Schönklang und knapp dimensionierten Pop-Songs, dafür aber viel von kontemplativen, emotionalen Epen hält, sollte einleuchten.
„A Short History Of Decay“ von John Murry erscheint auf Tenor Vossa/Broken Silence.
