Eigentlich kommt der amerikanische Exil-Berliner Chris Dhalgren aus dem avantgardistischen Jazz-Umfeld seiner ursprünglichen Basis NYC. Eigenartigerweise reichte ihm dies allerdings nicht aus, sich als Künstler zu verwirklichen – weswegen der Mann dann eben nach Berlin zog. Auch dort schloss er sich in der experimentelle Jazz-Szene an und arbeitete dort überwiegend als Bassist – erkrankte dann allerdings so stark, dass er zeitweise keine Instrumente spielen konnte und kam dann – im Alter von immerhin 50 Jahren – auf die Idee, es auch ein Mal als Songwriter und Texter zu versuchen.
Nun liegt mit „Songs From A Dystopian Utopia“ seine zweite LP vor, die er mit seiner international besetzten, jungen Band Dhalgren einspielte. Diese ist zugleich ein unverholenes Portrait seiner Wahlheimat Berlin geworden. Zusätzlich zu den nach wie vor vorhandenen, improvisatorischen, jazzigen Elementen ließ Dhalgren Einflüsse aus Folk und Weltmusik sowie eine bluesige Note in seine Songs einfließen – die auf der lyrischen Seite durchaus Assoziationen zu den Beatniks erkennen lassen. Dabei überrascht es dann, dass Dhalgren die verschiedenen Elemente nicht zwingend miteinander vermischt, sondern gegenüberstellt. So entsteht eine interessante Spannung zwischen exakt durchkomponierten und frei improvisierten Passagen und nicht zuletzt auch zwischen den songwriterischen Partien mit konventionellen Melodien und Harmoniefolgen und verstiegenen, vertrackten musikalischen Setzkästen, die – zuweilen am Rande der Atonalität – mit Bedacht aneinandergereiht werden. Wohlweislich dominiert aber keines der beiden Extreme, so dass die Sache am Ende erstaunlich ausgeglichen daher kommt.
„Songs From A Dystopian Utopia“ von Dhalgren erscheint auf Boomslang/Galileo.