Irgendwie scheint es nicht so richtig ins kollektive Bewusstsein eingesickert zu sein, dass es von Lucinda Williams in diesem Jahr sechs vollwertige Tonträger geben wird. Wie sonst sollte wohl zu erklären sein, dass ansonsten bei jeder Veröffentlichung der Grand Dame der gediegenen Americana der Blätterwald (auch digital) rauscht wie bei einem mittleren Tornado – dieser aber anlässlich der Veröffentlichung der sechs Sessions aus Lucindas Jukebox-Reihe, die diese im Rahmen der Pandemiebewältigung als Benefiz-Projekt lostrat, bislang eher ruhig vor sich hin raschelte.
Sei’s drum: Hier kommt nach der Tom Petty-Hommage „Runnin‘ Down A Dream“ nun die zweite Folge. Dieses Mal geht es nicht um einen Künstler, sondern eine Musikrichtung: Lucinda suchte sich 11 Tracks, die sich im weitesten Sinne dem Southern Soul zurechnen lassen und interpretierte diese mit ihrer Band im Studio in einem relativ geradlinigen No-Nonsense-Setting – also z.B. ohne Horn-Section, dafür aber mit einer stark bluesigen Note und mit viel Raum für spielfreudige Jam-Session-Parts. Gerade im Kontrast der Subjektivität der Auswahl der stilistisch sehr unterschiedlich angelegten Songs und dieser straighten und konsequenten Umsetzung liegt dann der eigentliche Reiz. Auch der Mix zwischen bekannten Tracks wie Joe Souths „Games People Play“, Al Greens „Take Me To The River“, Bobbie Gentrys „Ode To Billy Joe“ (den Lucinda erst vor kurzem coverte), Tina Turners „I Can’t Stand The Rain“ oder eher obskuren (oder unterbewerteter) Schätzchen wie O.C. Smiths „Main Street Mission“, Percy Sledges „It Tears Me Up“ oder Brooke Bentons „Rainy Day In Georgia“, die sich Lucinda hier zu Eigen macht, überzeugt durchweg. Da werden sich auch nach intensiver Suche nicht mal homöopathische Spuren von Kritikwürdigem finden.
„Lu’s Jukebox Vol. 2 – Southern Soul: From Memphis To Muscle Shoals“ von Lucinda Williams erscheint auf Highway 20/Membran.
