Platte der Woche KW 33/2022
Sowas muss man ja auch erst mal hinbekommen: Zwar nahm Ina „Minoa“ Klos schon als Kind Klavier- und Gesangsunterricht und studierte dann auch noch im heimatlichen Hannover zwei Jahre lang „Populärmusik“ – schaffte es aber offensichtlich all das abzuschütteln und mit „Forward, Backward, Start Again“ die schlicht empathischste, authentischste, einnehmendste, originärste und musikalisch überzeugendste Debüt-Scheibe in Sachen Indie-Pop – zumindest des bisherigen Kalenderjahres – hinzulegen. Das liegt daran, dass sich Ina nicht etwa irgendwelche zeitgenössischen Künstlerinnen (vor allen Dingen nicht Phoebe Bridgers) zum Vorbild genommen hat, denen sie nachzueifern sucht – wie so viele ihrer Kolleginnen -, sondern sich mit Wagemut, Resilienz, Aufrichtigkeit und ohne stilistische Dogmen in ihr Metier stürzt und darin so lange herumbohrt, bis etwas in jeder Beziehung Bemerkenswertes und vor allen Dingen Eigenes dabei herauskommt. Und das können ebenso konfessionelle, eingängige Indie-Pop-Songs sein, wie ausufernde spirituelle Folk-Elegien oder dezidiert sperrige und druckvolle Rock-Momente.
Raum für Schönklang und Perfektion bleibt da natürlich keiner – und das ist auch gut so, denn die meisten der Tracks leben ja gerade von kleineren oder größeren Ungereimtheiten und Spielereien, die den Hörer aber gerade deswegen bei der Stange halten, weil sie eben nicht den erwarteten Weg gehen. Zuletzt hat man eine solche Einstellung bei Mariam „The Believer“ Wallander beobachten können – nicht in musikalischer Hinsicht, sondern in der Art bedingungslosen Hingabe, mit der sich sowohl Mariam wie nun auch Minoa ihrer Berufung hingeben und in ihrem Material aufgehen.
„Forward, Backward, Start Again“ von Minoa erscheint auf Listenrecords/Broken Silence.