Sabrina Carpenter führt ein unwirkliches Doppelleben. Zum einen arbeitet sie als erfolgreiche Schauspielerin in Filmen und TV-Produktionen, die sich an jüngere Zuschauer wenden, aber auch in renomierten Arthouse-Projekten und zum anderen existiert sie als Kunstprojekt in Sachen Pop-Queen – und darum geht es hier. Das metikulös inszenierte sechste Album „Short’n Sweet“ beeindruckt dabei auf der produktionstechnischen Ebene mit einem ausgefeilten Sounddesign, bei dem sich Jack Antonoff (zusammen mit Amy Allen) abweichend von seinen letzten Produktionen etwa für Lana Del Rey, Lorde oder Taylor Swift nicht dem Folkpop-Medium zuwandte, sondern eine fast schon skulpturenhaften Ansatz wählte, bei der mit einer Unzahl von Effekten jeweils unglaubliche – allerdings artifizielle – Klänge aus gewöhnlichen, organischen Instrumenten hervorgekitzelt wurden. Das klingt schon enorm geil und dürfte Sound-Nerds so richtig begeistern. Ein Kudos auch an die zweifelsohne gut bezahlten, ausgeschlafenen Session-Musiker, die das so tight und lebhaft inszeniert haben.
Mit der eigentlichen Musik hat das freilich dann nichts zu tun, denn songwriterisch – und auch performerisch – läuft hier alles im überschaubar/vorhersehbaren, konventionellen Pop-Rahmen ab. Melodisch und Strukturell gibt es nur wenige Überraschungen und inhaltlich gar keine. Hier tobt sich Carpenter mit moderaten Empowerment-Inhalten als Bad Girl aus und richtet sich als Readymade-Idol an ihr Publikum. Der Erfolg gibt diesem Ansatz natürlich recht. Mit den beiden Singles „Espresso“ und „Please Please Please“ landete Carpenter zeitgleich in den US und aktuellen britischen Charts. Das hat alles keinen besonderen künstlerischen Wert und ist vor allen Dingen nicht für die Ewigkeit konzipiert. Allerdings erfüllt diese Scheibe aufgrund des ausgefeilten Soundkonzeptes dann schon ihre Aufgabe als Wegwerf-Gulity-Pleasure recht effektiv.
„Short’n Sweet“ von Sabrina Carpenter erscheint auf Island/Universal.
