Das erste Dutzend oft herrlich spleeniger Lo-Fi-Alben mit DIY-Charme unter dem Namen Car Seat Headrest veröffentlichte Mastermind Will Toledo in einem geradezu schwindelerregenden Tempo. Dann entdeckte der amerikanische Tausendsassa das Tonstudio als Werkzeug für sich, und weil er es offenbar genoss, sich auf dieser neuen Spielwiese so richtig auszutoben, wurden seine Veröffentlichungen deutlich seltener. Sein 2020 bei der Presse durchgefallenes Album „Making A Door Less Open“ verschlang vier Jahre Produktionszeit, und auch wenn Toledo durch die Pandemie und eine anschließende Long-COVID-Erkrankung entschuldigt ist, sind auch wieder fünf Jahre verstrichen, bis nun das herrlich ambitionierte und wirklich mitreißende neue Album „The Scholars“ erscheint.
Wo die Zeit geblieben ist, wird schnell offensichtlich, wenn man das neue Werk hört. Inspiriert von The Whos „Tommy“ oder David Bowies „Ziggy Stardust And The Spiders From Mars“ ist „The Scholars“ ein Konzertalbum, nein, eine Rock-Oper geworden. „‚The Scholars’ spielt auf dem fiktiven Campus der Parnassus Universität. Die Songs des Albums erzählen von Studierenden und Dozierenden sowie deren Erlebnissen als lose Erzählung über Leben, Tod und Wiedergeburt“, heißt es im Waschzettel der Plattenfirma, und um diese Geschichte zu erzählen, bedienen sich Toledo und die Seinen Elementen aus Indierock, Noiserock und Post-Rock und schrauben diese freigeistig neu zusammen. Oft sind dabei Songs in epischer Breite entstanden. Schon die psychedelisch umspülte Vorabsingle „Gethsemane“, die einen ersten Vorgeschmack auf die spirituelle Reise gab, die das komplette Album prägt, kam mit seiner sich ständig verändernden Dynamik und unwiderstehlichen Stop-and-go-Parts auf weit über zehn Minuten Spielzeit, während „Reality“ sogar an der Elf-Minuten-Marke kratzt und „Planet Desperation“ sein Publikum erst nach 19 Minuten wieder loslässt. Dass „The Scholars“ als Doppel-LP mit einem 28-seitigen Booklet erscheint, dürfte da niemanden verwundern.
Für Kontraste sorgen derweil einige kürzere Songs wie die nostalgisch anmutende Folk-Nummer „Gay Lady Approximately“ oder „The Catastrophe“, das von surfpunkiger Energie nach vorn gepeitscht wird und fast nebenbei unterstreicht, dass Car Seat Headrest sich immer noch knackige Popsongs aus dem Ärmel schütteln können – wenn sie denn wollen. „It’s the jubilant reach and dynamite in the details that makes ‚The Scholars‘ a rock opera worthy of the form“, schrieb David Fricke bereits sehr treffend in seinem Review für die Kollegen von Mojo, und dem ist nichts hinzufügen!
„The Scholars“ von Car Seat Headrest erscheint auf Matador/Beggars Group/Indigo.