Als die in L.A. residierende Songwriterin Lael Neale 2021 mit ihrem zweiten Album „Acquainted With Night“ auch in inseren Breiten für Aufmerksamkeit sorgte, hatte sie ein interessantes Konzept auf ihrer Seite – das sich in etwa mit „Poesie & Omnichord“ umschreiben ließ; denn auf diesem Album überraschte Lael, indem sie ihre auf Gedichten basierenden Elegien alleine von den Sounds eines Omnichords unterlegt vortrug. Damals konnte sich ihr Produzent Guy Blaeslee noch nicht damit durchsetzen, den DIY-Charakter ihrer Low-Fi-Cassetten-Aufnahmen produktionstechnisch aufzufangen. Das änderte sich erst mit dem Folgealbum „Star Easter’s Delight“ auf dem Lael es dann graduell zuließ, dass auch andere Instrumente involviert waren – allerdings überzeugte dieses Album dann weniger in songwriterischer Hinsicht, denn die Fokussierung auf neue Klangmöglichkeiten hatte eine eher uniforme, flache Songstruktur zur Folge.
Erst auf dem neuen Album „Altogether Stranger“ hat Lael insofern ihren Frieden mit dem System gemacht und bohrte die Arrangements der neuen Scheibe – wieder in Zusammenarbeit mit Guy Blaeslee – in Richtung eines Old-School-Westcoast-Psychedelia-Sounds auf, wobei neben dem Omnichord auch wieder verstärkt Gitarren, Bass, reguläre Keyboards wie Klavier oder Mellotron, Sound-Effekte und separate Rhythmusmaschinen zum Einsatz kamen. Die neue Songsammlung legte sie als eine Art musikalisches Porträt ihrer Homebase Los Angeles an, in die sie nach einer Auszeit in ihrer Heimat Virginia zurückgekehrt war. Lael Neale nimmt den Hörer mit auf einen metaphorischen Spaziergang durch Los Angeles und macht sich Gedanken über die Widersprüche unserer modernen Konsumgesellschaft und kommt in Songs wie „All Good Things Come To Pass“ oder „All Is Never Lost“ zu grundlegenden philosophischen Erkenntnissen. Vieles wird dabei Mantra-artig auf die Spitze getrieben – aber auf der anderen Seite gibt es auch quirlige Retro-Psych-Pop-Juwelen wie „Wild Waters“ oder „Come On“, Velvet-Underground-Hommagen wie „All Good Things Come To Pass“ oder „New Ages“ und mit „Sleep Thhrogh The Long Night“ auch wieder einen Omnichord-Dreampop-Rückgriff. Kurzum: Das ist das Lael Neale Album, das man sich schon lange mal gewünscht hätte.
„Altogether Stranger“ von Lael Neale erscheint auf Sub Pop/Cargo.