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Ihr klatscht aber schön
Eigentlich hätte das Headliner-Debüt von Katy J Pearson und ihrer Band in der Domstadt schon im Februar stattfinden sollen – doch gewisse Gründe hatten das verhindert. Und so kam es, dass die Tour zur Präsentation des dritten Albums „Someday Now“ Katy erst am Tag der Arbeit nach Köln führte (wo sie im letzten Jahr aber bereits als Support für The Last Dinner Party aufgespielt hatte). Der Stimmung vor Ort tat diese Verspätung keinen Abbruch, da zu den Fans, die sich bereits im Februar Tickets gekauft hatten, so sicherlich noch einige neue hinzugekommen waren.
Als Support-Act war das Kölner Projekt Henry Lee gebucht worden. Auf ihren Studio-Produktionen macht Elisa Henriette Metz fast alles alleine – auf der Bühne hingegen agiert Henry Lee als Bandprojekt – wenn auch nicht an diesem Abend, wo Elisa nur von Annie Bloch an der Gitarre unterstützt wurde (die seit einem Jahr als Band-Mitglied dazu gehört). Es gab also eine Art Hybrid-Show, bei der ein Teil des Programmes vom Laptop eingespielt wurde, während Elisa am Bass und Annie an der Gitarre den Band-Sound von Henry Lee emulierten. Worum geht es? Nun um eine Art ambitioniert strukturiertes, feministisch ausgerichtete Art-Pop-Setting. Einen geradlinigen Backbeat, konventionelle Strophe/Refrain-Konzepte und eingängige Pop-Beliebigkeiten wird man in der Welt von Henry Lee jedenfalls vergeblich suchen. Stattdessen gibt es ein auf individuelle Art aufgebohrtes, in gewisser Weise psychedelisch angereichertes Dream-Pop-Environment, in dem es viel Raum gibt für Effekte, Samples, Breaks & Bridges, rhythmische Experimente, Jam-Partien, und abenteuerliche harmonische und melodische Überraschungen. Elisa und Annie spielten hier Songs der beiden bisher erschienenen Longplayer „TV In The Corner“ und „Epiphanies“, die Elisa dem Vernehmen nach alle auf dem Bass geschrieben hat.
Indem sich Elisa als Komponistin und Arrangeurin niemals den einfachsten Weg sucht, muss der Zuhörer dann schon ein bisschen investieren, um den zuweilen komplexen Gedankengängen von Henry Lee folgen zu können – auch wenn Tracks wie z.B. „Caramel Mind“ oder „What Else“ durchaus schon einen melodischen Kern haben, dem zu folgen es sich lohnt. Insgesamt war das dann schon recht interessant – wenngleich auch ein bisschen zu lang – weil nämlich die Shows im Blue Shell erst um 21 Uhr beginnen – aber um 23 Uhr zu Ende sein müssen.
Insofern entschuldigte sich Katy J Pearson dann auch beim Publikum dafür, dass sie erst gegen 22 Uhr auf der Bühne stand – nachdem sie zunächst zum ersten Mai gratuliert und dann erfahren hatte, dass am nächsten Tag ein normaler Arbeitstag anstand. Da Katy J Pearson eben zuvor noch nicht als Headliner in unseren Breiten unterwegs gewesen war, ging es nicht alleine darum, das neue Album vorzustellen (wozu es ja eigentlich auch schon zu spät war) – sondern darum, einen bunten Querschnitt aus allen drei bislang veröffentlichten Scheiben zu präsentieren. Die Show begann etwa mit „Those Goodbyes“ – dem Opener des aktuellen Albums, gefolgt von „Beautiful Soul“ vom Debüt „Return“ und „Alligator“ von „Sound Of The Morning“ – und danach ging es munter im Wechsel weiter – ergänzt um den neuen Song „Lucky Star“, der sich allerdings nahtlos ins Ouevre einfügte.
Kurz gesagt: Obwohl einige Keyboard-Parts vom Triggerpad eingespielt wurden, sind die Live-Performances von Katy und ihren Jungs einfacher zu verstehen und wesentlich knackiger auf den Punkt gebracht, als die zuweilen leicht seltsamen Studio-Arrangements vermuten ließen. Das liegt vor allen Dingen daran, dass die Band ohne Umschweife auf den Punkt kommt, ziemlich knackig und tight agiert – vor allen Dingen aber jede Menge Spaß an ihrem Tun hat – was sich unmittelbar auf die Zuhörer überträgt, so dass am Ende eine ziemlich perfekte Power-Pop-Show dabei heraus kommt. Ganz mal davon abgesehen, dass man lange suchen muss, bis man Acts findet, die so viele großartige Songs im Gepäck haben, wie Katy J Pearson. Irgendwelche Einzelleistungen brauchte man dabei gar nicht mehr hervorzuheben, denn eigentlich spielen Katy & Co. immer für den Song und nicht für’s Ego.
Und dann ist da ja auch noch Katy selbst, die zum einen als brillante Sängerin gerade dann reüssierte, wenn man gar nicht damit gerechnet hätte – etwa bei dem Track „Long Range Driver“ vom aktuellen Album, dessen brillante melodische Qualitäten Katy erst im gegebenen No-Nonsense-Grunge-Format so richtig herausarbeitete. Zum anderen überzeugte Katy dann auch als Alleinunterhalterin und redete sich ohne Punkt und Komma um Kopf und Kragen. „Ihr klatscht in Deutschland immer so schön“, lobte sie etwa das Publikum etwa und ergänzte das gleich um die Aussage, dass sie auch nicht wisse, warum sie das gesagt habe, woraufhin sich eine bandinterne Diskussion über die Klangfarbe, die Qualität und die Unterschiede des Mitklatschens in Belgien und Deutschland entwickelte (mit leichtem Vorsprung für Deutschland). Und dann war da noch der verfluchte Track „Maybe“, bei dem offensichtlich bei einer Show zuvor eine Gitarre kaputt gegangen war, den Katy & Co. an diesem Abend dann doch kichernd und ohne Zwischenfälle zu Ende brachte.
Vor der Zugabe weigerten sich Katy und die Jungs dann von der Bühne zu gehen, weil der Backstage-Raum vom Blue Shell doch zu seltsam sei und baten das Publikum trotzdem nach einer Zugabe zu verlangen – was dieses dann auch gerne machte. Schließlich brachten Katy und die – wie sie sagte – netten Jungs (von denen es ja gar nicht so viele gäbe) dann das Konzert mit dem Rausschmeißer „Tonight“ und der Ballade „Sky“ gerade noch vor dem Curfew nach Hause. Im Anschluss stand Katy den Fans noch für Autogramme zur Verfügung und versprach, beim nächsten Mal dann auch den „Willow Song“ spielen zu wollen – den sie dieses Mal nur deswegen ausgelassen hatte, weil sie inzwischen über genügend eigenes Material verfügt.