Natürlich ist der Dresdner Komponist Sven Helbig weder ein Popstar noch ein Songwriter im klassischen Sinne und natürlich handelt es sich bei dem nun vorliegenden neuen Projekt, dem zum 90. Jahrestag der Zerstörung Dresdens im Zweiten Weltkrieg uraufgeführte Werk „Requiem A“, um eine klassische Komposition – aber dennoch hat das Ganze eine kontemporäre konzeptionelle und musikalische Relevanz.
Denn legte es Helbig auf seinem 2016er Album „Pocket Symphonies“ noch darauf an, einen songorientierten, symphonischen Liederzyklus aufzulegen und dieses Prinzip dann mit Blechbläsern auf seinem 22er Werk „Skills“ auf ein neues Level zu heben. So ging es dieses Mal darum, mit einem eigentlich antiquierten Format wie dem Requiem eine Narrative zu einem politisch relevanten Thema zu erschaffen. Aber der Reihe nach: Als musikalisches Format wählte sich Helbig – dem Anlass entsprechend – das klassische Requiem (ursprünglich eine christliche Totenmesse) aus, das er mit dem Dresdner Kreuzchor, der Staatskapelle Dresden und Elektronica in neun einzelne Fugen mit liturgischen Leitmotiven inszenierte.
Das eigentlich Interessante dabei ist dann der Umstand, dass er das ursprüngliche Konzept eines Requiems dann auch gleich wieder sprengt, indem er zum Beispiel die einzelnen Partien mit einem Mix aus kirchlichen und selbst geschriebenen Texten für den Chor (und den Solisten René Pape) anreicherte – und die selbst eingespielten Electronics dann mit den Beiträgen der Staatskapelle Dresden lautmalerisch verband. Das Ganze hat nun tatsächlich mit dem, was man gemeinhin als Unterhaltungsmusik bezeichnet, nicht viel zu tun – überzeugt aber vor allen Dingen durch das durchdachte Konzept.
Der Buchstabe „A“ im Titel steht dabei für einen Neuanfang nach der Zerstörung Dresdens, die Helbig in den neun Teilen des Requiems als mahnendes Porträt der zerstörten Stadt interpretiert sehen möchte, in der das kleine Mädchen, das etwas verloren vor der schwarzen Fläche des Covermotivs steht, als Zeichen der aufkeimenden Hoffnung gesehen werden soll. „Requiem A“ ist somit der gelungene Versuch, mit den Mitteln der Musik ein eigentlich kaum beschreibbares Ereignis in einen größeren Kontext zu stellen.
„Requiem A“ von Sven Helbig erscheint auf Deutsche Grammophon/Universal.