Nachdem die kalifornische Songwriterin Mary Chapin Carpenter erst Anfang des Jahres ihren musikalischen Unruhestand mit dem Kollaborationsalbum „Looking For The Thread“ unterbrochen hatte – für das sie sich mit den schottischen Songwriterinnen Julie Fowls und Karina Polwart zusammen getan hatte – folgt nun auf dem Fuße ein ziemlich selbsterklärendes, autobiographisches Alterswerk der mehrfachen Grammy-Gewinnerin.
Hier konzentriert sich Carpenter dann wieder auf ihr Kerngeschäft als genau beobachtende Geschichtenerzählerin und legt das Ganze als eine in Song gegossene Bestandsaufnahme an. Kurz gesagt ist dieses Werk ein von klassischen Laurel Canyon Vibes musikalisch unterlegtes, nachdenkliches Album der kleinen Gesten, Details, Zwischentöne und Nuancen. Denn auf diversen Schlüsseltracks des Albums – etwa „Coda“, „Girl With Her Dog“ oder „A New Religion“ – kommt die Grande Dame des konfessionellen Songwritings zu der erlösenden Erkenntnis, dass – mit zunehmendem Alter – die Zeiten des „Schneller, Höher, Weiter“ und des „Mehr“ endgültig vorbei sind und zunehmend der Weg das Ziel auf der Suche nach dem Sinn darstellt. Es sind dann die kleinen Ereignisse, die sich durch ihre Banalität auszuzeichnen scheinen – wie etwa der Kaffee am Morgen oder der Spaziergang mit dem Hund unter dem schützenden Dach eines Eichenwaldes – die aber in der Summe dann doch einen lohnenden Sinn ergeben.
Musikalisch wurde das Album – wie schon der Vorgänger „Looking For A Thread“ – wieder von Josh Kaufman produziert und in Peter Gabriels Real World Studio eingespielt. Es nimmt daher kein Wunder, dass der Sound des Albums ähnlich angelegt ist wie jener des Thread-Albums – wobei allerdings auf die gälischen Folk-Elemente des Vorgängers verzichtet wurde. Auch die Country-Elemente aus Carpenters Gründertagen spielen heutzutage keine Rolle mehr. Wie auch bei seinem eigenen Projekt Bonny Horse Lightman gelingt es Josh Kaufman als Produzent mit leichter Hand, das Album in einem entspannten, zeitlosen, weitestgehend akustischen Setting zwischen Tradition und Moderne anzusiedeln – wobei der als Single ausgekoppelte munter marschierende Road-Song „Bitter Ender“ mit seinen lautmalerischen Slide-Gitarren-Soli ein wenig heraussticht. Das erinnert dann eher an das organische Sounddesign, das heutzutage eher jüngere Kolleginnen wie z.B. Courtney Marie Andrews oder Anais Mitchell präferieren, als an den glattgeputzten Soft-Sound aus Carpenters früheren Tagen. Eines ist mal klar: Obwohl Mary Chapin Carpenter inhaltlich wohl auf ihre „Personal History“ zurückblicken mag, schaut sie auf der musikalischen Seite eher in die Zukunft.
„Personal History“ von Mary Chapin Carpenter erscheint auf Lambent Light/Thirty Tigers/Membran.