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Fucking epic!
„Wir haben nicht damit gerechnet, dass irgendjemand kommt. This is fucking epic“, ruft Sängerin und Gitarristin Helena Cazaerck dem Publikum im trotz Feiertag und Sommerwetter gut gefüllten Kölner EDP zu. Tatsächlich stehen Maria Iskariot an diesem Abend erstmals als Headliner auf einer deutschen Bühne, doch vom ersten Moment an ist klar: Das belgische Quartett will aus dem Auftritt ein Konzert machen, das niemand im Raum so schnell wieder vergisst. Jung, wild und wütend steht die Band auf den Schultern der She-Punks der 70er und der Riot Grrrls der 90er und hat doch ein Alleinstellungsmerkmal: Ihre Texte singen sie auf Niederländisch.
„Maria Iskariot is the patron saint of questionable behavior. It’s semi-adult female punk rock from Belgium. Hopeful hopelessness in noisy verse, chorus, verse“ heißt es auch im als Manifest taugenden Pressetext der Band, und genau das setzen Helena Cazaerck (Gitarre, Gesang), Loeke Vanhoutteghem (Gitarre), Sybe Versluys (Schlagzeug) und Amanda Barbossa (Bass) auch auf der kleinen EDP-Bühne in die Tat um, wenn jugendliche Unbekümmertheit auf Sendungsbewusstsein trifft: In ihren Songs nehmen sich Maria Iskariot alles vor, was heutzutage nicht nur junge Menschen auf die Palme bringt.
Vom ersten Ton an herrscht Alarm auf der Bühne, wenn sich die vier, bisweilen herrlich chaotisch, mit voller Wucht in ihre Songs werfen und uns ihre Lieder mit so viel Inbrunst ins Gesicht brüllen, dass die Sprachbarriere zweitrangig ist. Bei „Dat Find Ik Lekker“ wagt Helena dann sogar einen ersten Ausflug ins Publikum und lässt einzelne Anwesende den Text mitsingen, als gäbe es nichts Normaleres. Später springt sie für „Tijm“ erneut von der Bühne, um den Text des Songs erst auf den Knien und dann auf dem Rücken am Boden liegend ins Mikro zu kreischen. So hat wohl noch niemand im Saal je „Tame“ von den Pixies gehört!
Mit zorniger Energie und beeindruckender Durchschlagskraft jagen Maria Iskariot durch elf elektrisierend dringliche Songs, die nicht viel Raum für große Atempausen oder gar Balladen lassen. Fast ist das Dauerfeuer der Band ein bisschen zu viel für die Menschen vor der Bühne, die begeistert, aber auch ein bisschen erschlagen sind von der Power, mit der uns die vier überrennen.
Eigentlich soll nach der aktuellen Single „Leugenaar“ Schluss sein, weil die Band der Meinung ist, dass 45 Minuten vollkommen ausreichen („Wer mehr hören will, kann zu einer der nächsten Shows kommen“, entgegnet Helena den enttäuschten Stimmen im Publikum – ein halbes Dutzend Konzerte stehen noch bis Mitte August an), aber dann lassen sie sich doch zu einer Zugabe hinreißen. Die heißt treffenderweise „Bedankt“.
Ganz zum Schluss nutzt Loeke noch die Chance, ihr ausgezeichnetes Deutsch am Kölner Publikum auszuprobieren. „Wenn ihr Lust habt, können wir gerne nach der Show über Goethe reden“, sagt die Gitarristin augenzwinkernd, und als das nicht auf die erhoffte Gegenliebe stößt, fügt sie hinzu: „Wir können aber auch über Bier sprechen!“ Man könnte auch sagen: Maria Iskariot machen Punkrock mit Köpfchen, aber am Ende ist es immer auch noch Punkrock!