Share This Article
Themis ziehe mit seiner Musik die Hörer auf die dunkle Seite der Rockmusik, heißt es in einer der Biographien des Stuttgarter Indie-Musikers Themis. Da ist sicher auch etwas dran, wie die Songs seines zweiten Albums „Self Mythology“ eindrucksvoll belegen. Denn hier gibt sich der Mann, der erste Songideen mit 13 entwickelte und mit 18 in diversen Bands als Sänger und Gitarrist profilierte, bevor er dann auch begann, sich professionell im Musikbusiness zu engagieren, überhaupt keine Mühe, sein Faible für die nachtschattige Ästhetik seiner Idole The Kills, PJ Harvey, Sonic Youth, The Cure, Black Rebel Motorcycle Club, Chelsea Wolfe „und so weiter” zu verbergen, und emuliert diese Grundstimmung dann mit eigener Note in acht – recht unterschiedlich gewichteten Indie-Rock-Songs zwischen Darkwave, Schrammelpop, Grunge, Psychedelia und Noise-Rock.
Die Sache ist dabei nur die: Themis sagt, dass er eigentlich nur dann Musik schreiben könne, wenn er ausgeglichen ist und positiv gestimmt sei. Wie passt das denn mit seiner doch eher dystopisch gestimmten Musik zusammen? „Neue Songs zu schreiben geht bei mir immer nur phasenweise. Ich muss mich mittlerweile dafür – leider – aktiv hinsetzen mit der Gitarre, aber dann kommt auch relativ schnell etwas dabei rum. Deswegen muss ich in meinen Gedanken klar sein und eher positiv gestimmt sein, damit etwas herauskommt – in dem dann vielleicht aber etwas Negatives kanalisiert wurde. Am liebsten schreibe ich über eigene Erfahrungen im Leben und gesellschaftskritische Themen. Einfach alles, wo ich eine ehrliche Meinung dazu habe. Um deine eigentliche Frage zu beantworten: Ich finde, um kreativ zu sein, muss man aus dem Negativen, dem Traurigen, der Dunkelheit raus und danach verpackt man das dann in Songs. Also man muss auf jeden Fall etwas durchleben, aber währenddessen darüber schreiben – schwierig. Danach: Ja klar!“
Das macht Sinn – gehört das dann auch zu der im Titel des Albums erwähnten „Selbst-Mythologie“? „Jeder Mensch schreibt doch unterbewusst seine eigene Mythologie, seine eigene Geschichte“, meint Themis, „also: ‚wer bin ich, wo möchte ich hin, was möchte ich erreichen, was spricht mich an‘. Jeder hat da ja eine andere Version für sich selbst, seine Werte, Vorstellungen, Glaubensrichtungen usw. – es gibt einen Ausdruck dafür: Personal Mythology. Ich hatte das Wort ‚Self Mythology‘ in einem Florence And The Machine-Song gehört und dachte, wie mystisch das doch klingt und fand das dann sehr ansprechend und so stark, dass es total gepasst als Albumtitel. Meine Visualität und meine Musik sind auch ein bisschen mysteriös – it was a match! Das Album thematisiert Selbstidentifikation, Empowerment, Sehnsucht. Praktisch genau das, was die eigentliche Definition von persönlicher Mythologie ist: sein eigenes Leben und seine Werte ausleben, wie man es möchte.
Damit ist eigentlich schon das Wesentliche zu Themis gesagt – außer vielleicht dem, was sich durch unsere zehn Fragen noch ergeben könnte.
1. Was ist deine Definition von „guter Musik“?
Gute Musik ist, wenn sie irgendeine Emotion oder Erinnerung aus mir herauskitzelt. Ich höre da sehr stark auf Melodien.
2. Was war der wichtigste Einfluss bei den Aufnahmen zur neuen Veröffentlichung?
Der wichtigste Einfluss war, dass wir zum ersten Mal einen Produzenten dabei hatten, der einfach ein Experte in seinem Gebiet ist. Das erste Album haben wir irgendwie über Monate verteilt als Band aufgenommen – hier war alles anders: In einem Studioraum, zwei Wochen Zeit, alle Musiker haben gemeinsam live aufgenommen, wie wir auch Konzerte spielen. Die Energie war magisch und Ralv Milberg hat ein total feines Gespür für Bands, und wo die Band gerade in ihrer Karriere steht und wo sie hin soll.
3. Warum sollte jeder deine neue Veröffentlichung kaufen?
Wenn man düstere, treibende, emotionale, laute, queere Indie-Rock-Musik mag, sollte man sich eine Vinyl oder CD kaufen. Ist doch auch irgendwie total cool und besonders, etwas in der Hand zu halten, das dann für immer bleibt.
4. Was hast du dir von deiner ersten Gage als Musiker/-in gekauft?
Das war bestimmt Bier oder Weißwein. Weil da war ich 15 Jahre alt. Ich habe aber schon ewig kein Bier mehr getrunken haha!
5. Gab es einen bestimmten Auslöser dafür, dass du Musiker/-in werden wolltest?
Musik war immer sehr wichtig für mich. Ich glaube, als ich Teenager war und im Fernsehen, auf YouTube oder auf Konzerten live Bands gesehen habe, hat mich das immer schon fasziniert. Ich wollte da ein Teil davon sein. Ich liebe dieses Gefühl, in einer Location zu stehen, Musik spielt im Hintergrund, der Raum füllt sich langsam, es kommt schon Nebel oder Haze auf die Bühne und überall sind Kabel. Und dann kommt die Band.
6. Hast du immer noch Träume – oder lebst du den Traum bereits?
Gute Frage! Aktuell vielleicht eine Mischung aus beiden – eine eigene Vinyl zu besitzen. Oder gut besuchte Headline-Konzerte zu spielen. Oder als Support mit meinen Lieblingsbands wie Black Honey – oder jetzt im Herbst mit L.A. Witch – auf Tour zu gehen, das ist schon krass. Aber ich habe noch viele Träume und Ziele, die ich erreichen möchte. Und das ist auch gut so.
7. Was war deine größte Niederlage?
Zum Glück gab’s keine bisher! Vielleicht würde ich eher so Dinge wie eine Tourabsage oder Absage von Fördermitteln als Niederlage bezeichnen. Beides ist mir schon sehr häufig passiert.
8. Was macht dich derzeit als Musiker/-in am glücklichsten?
Ich bin glücklich, dass mein Album erscheint. Wir haben lange daran gearbeitet und ich bin gespannt, wie es ankommt und wo es uns hinverschlägt damit.
9. Welches ist das schlechteste Lied, das je geschrieben wurde?
Irgendwie hat doch jede Musik ihre Daseinsberechtigung, oder? Ich finde, sexistische und rassistische Musik geht gar nicht.
10. Wer – tot oder lebendig – sollte auf deiner Gästeliste stehen?
Oh, einfache Frage: Alison Mosshart und Jamie Hince von The Kills. Ich wäre so gespannt, was sie von meiner Musik und meiner Show halten! Ich habe sie schon oft live gesehen – hatte auch viele coole, einzigartige Momente mit denen, also Setlists bekommen, Handhalten, usw. Ich weiß, ich muss kurz den Fan rauslassen haha! Aber wenn dich eine Band so sehr beeinflusst, dann hat sie alles richtig gemacht und das wiederum ist ein Grund, für einen selbst auch mit seiner Kunst weiterzumachen.
„Self Mythology“ von Themis erscheint auf My Favorite Chords/Broken Silence Independent.