Mit „Double Infinity“ machen Big Thief weniger einen Schritt nach vorn als einen zur Seite. Nach dem Abschied von Bassist James Oleartchik zum Trio geschrumpft, kostet die amerikanische Ausnahmeband auf ihrem inzwischen sechsten Album all die Freiheiten aus, die sich durch einen solchen Bruch ergeben. Herausgekommen ist dabei ein Album, das weniger durch die einzelnen Songs als durch die Idee dahinter fasziniert.
Mit Ausnahme von „Los Angeles“, das mit subtilem Country-Touch die Vibes der „Basement Tapes“ von Bob Dylan und The Band in die Gegenwart zu tragen scheint, fehlen hier die Lieder, die sich wie zuvor „Masterpiece“, „Shark Smile“ oder „Not“ schon schon beim ersten Hören als Klassiker für die Ewigkeiten offenbaren.
Mit fast einem Dutzend Gästen, die Adrianne Lenker, Buck Meek und James Krivchenia bei den Aufnahmen unterstützten, entstanden die Songs des Albums bei freigeistigen, ja, geradezu hippiesken Jam-Sessions – und das kann man auch hören. Anstatt auf Hit-Qualitäten und gängige Songstrukturen abzuzielen, enthüllen sich die Details und die unterschwellige hypnotische Magie dieser im berühmten Power-Station-Studio in Manhattan eingespielten Lieder oft nur langsam. Trotzdem ist diese Neun-Song-LP am Ende spürbar präziser als das vorangegangene Doppelalbum „Dragon New Warm Mountain I Believe In You“.
Interessanterweise führt diese Abkehr von alten Indierock-Tugenden dazu, dass Big Thief hier mehr denn je eine echte Band sind. Denn auch wenn Lenkers nachdenklich-poetische Texte weiterhin natürlich ein wichtiger Teil der Musik sind, darf man sich einbilden, dass das gemeinsame Musikmachen für die Band nie wichtiger war als auf diesem Album. „Double Infinity“ strahlt so eine neue Art der Gelassenheit aus – und die steht Big Thief gut zu Gesicht.
„Double Infinity“ von Big Thief erscheint bei 4AD/Beggars Group/Indigo.